Stellt euch vor, ein Kunde ruft an, möchte vielleicht sogar mit euch arbeiten. Aber ihr erkennt: Dieser Kunde tut uns nicht gut - und lehnt den Auftrag ab. Liip, eine Web-Development-Firma mit dem Schwerpunkt Open Source und mit einer sehenswerten Kundenliste, leistet sich diesen Luxus.Aber ist das wirklich Luxus? Gerhard Andrey, Partner bei Liip sagte in seinem Vortrag bei der spm Frühjahrstagung im Technopark Zürich, sie hätten sogar dann Aufträge abgelehnt, wenn sie es bitter nötig gehabt hätten. Sie haben für sich frühzeitig erkannt, dass sie nur dann wirklich gute Arbeit leisten können, wenn sie zu dem Kunden passen und von dem überzeugt sind, was sie tun und vor allem tun wollen.Für mich ist das eine Haltung, ein klares Bekenntnis zu der Tatsache, dass wir auch in einem Dienstleistungsunternehmen nicht dem oder den Kunden ausgeliefert sind, sondern immer einer Einladung folgen. Wir müssen dieser Einladung aber nicht folgen. Die Selbstaufgabe fängt da an, wo man etwas tut, obwohl man weiß: Es wird nichts. Spannenderweise wurde diese Sichtweise von Dr. Ludwig Hasler bestätigt, als er in seinem Vortrag „Wie bringe ich mich in die Robin-Hood-Haltung?“ sehr deutlich sagte, dass man als Führungskraft natürlich den Mitarbeiter mitunter auch vor dem Kunden schützen müsse. Vor dessen Ignoranz, Unwissenheit und Anmaßungen. Das sagte er in der Absicht, den Menschen ihre Selbständigkeit wiederzugeben. Nein, wir sind nicht ausgeliefert. Genau das macht Liip vor. Es gibt sie also, die Firmen, die für sich entschieden haben, nicht jeden Auftrag anzunehmen, nur weil es Geld bringen könnte. Es gibt die Haltung, keinesfalls die eigenen Prinzipien einzutauschen.[caption id="attachment_23364" align="aligncenter" width="666"]
(c) Boris Gloger[/caption]Wir erleben, dass sich diese Haltung, diese Einstellung gerade durchsetzt. In Scrum-Teams lautete die Frage immer: „Wollt ihr X liefern?“ Die Antwort war nicht immer ehrlich und oft wurden Commitments abgegeben, obwohl man gar nicht liefern wollte. Wenn sich jedoch diese Einstellung durchsetzen sollte, wirklich zu dem zu stehen, was man selbst will , dann werden viele Geschäftsmodelle verschwinden.Übrigens: Liip zeigt meiner Meinung nach, was es dazu braucht, sich all diese Dinge leisten zu können - Exzellenz. Schaut euch an, wie viele Preise diese Firma gewonnen hat. Wer Klassenbester ist, macht die Regeln. Doch die Frage ist: Was war die Henne und was das Ei? Kann man Klassenbester werden, wenn man immer ja sagt? Ich denke nicht. Das erfordert zu wissen, was man will und wofür man einsteht.