Scrum ist kein starrer Prozess, und der Scrum Master ist kein Projektmanager – trotzdem begegnen mir diese Irrtümer immer wieder. Unternehmen setzen Scrum ein, um flexibler zu werden, doch oft interpretieren sie es falsch. Was dann passiert? Sie verlieren genau das, was Scrum eigentlich bringt: Agilität, schnelle Anpassungsfähigkeit und eine echte Fokussierung auf Wert.
Lass uns mit den fünf größten Mythen aufräumen.
Viele halten Scrum für ein striktes Regelwerk, das man „richtig“ oder „falsch“ machen kann. Das ist Unsinn. Scrum ist ein Framework, bewusst unvollständig gehalten, damit Teams es ihren Bedürfnissen anpassen können.
Ja, es gibt Rollen, Meetings und Artefakte. Aber diese sind so leichtgewichtig wie möglich – gerade genug, um Orientierung zu geben, aber nicht so viel, dass sie einengen. Scrum schreibt nur eines vor: Am Ende jeder Iteration muss ein fertiges, auslieferbares Inkrement stehen. Ob eine Iteration eine Woche oder einen Monat dauert? Entscheidet das Team.
👉 Tipp: Wer Scrum wirklich verstehen will, sollte den Scrum Guide lesen – oder, wenn du es praxisnah willst, mein Buch: „Scrum – Produkte zuverlässig und schnell entwickeln“. In der 5. Auflage habe ich genau erklärt, wie Scrum wirklich funktioniert.
Immer noch lese ich Stellenausschreibungen, in denen der Scrum Master als eine Art Projektleiter 2.0 beschrieben wird. Falsch! Ein Scrum Master ist kein klassischer Manager, sondern ein Coach, Facilitator und Servant Leader.
Seine Hauptaufgabe? Hindernisse beseitigen und die Organisation verändern. Der Scrum Master sorgt nicht einfach nur dafür, dass Meetings laufen, sondern gestaltet das Umfeld des Teams aktiv mit. Scrum funktioniert nicht im Vakuum – das Umfeld entscheidet über Erfolg oder Misserfolg.
Jeff Sutherland schreibt in „The Art of Doing Twice the Work in Half the Time“, dass ein Scrum Master die gesamte Organisation beeinflussen muss. Wer glaubt, ein bisschen Meeting-Facilitation reiche aus, hat die Rolle nicht verstanden.
👉 Tipp: Mehr dazu in unserem Kombitraining für Scrum Master und Product Owner.
Scrum wurde durch die Softwarebranche bekannt, doch sein Ursprung liegt in der Produktentwicklung der 1980er Jahre. Heute setzen es Unternehmen weit über die IT hinaus ein:
Scrum ist nicht an eine Branche gebunden – es geht darum, iterativ und inkrementell Wert zu liefern. Das ist überall anwendbar.
Viele Unternehmen nutzen Sprints, als wären sie einfach kleine Wasserfall-Projekte: erst Analyse, dann Entwicklung, dann Testen. Oder sie verteilen User Stories über verschiedene Teams, die alle an einem kleinen Stück der Customer Journey arbeiten.
Doch Scrum funktioniert nicht sequenziell, sondern iterativ. Am Ende eines Sprints muss immer ein potenziell auslieferbares Inkrement entstehen – und genau das macht Scrum so kraftvoll.
Wer sich daran hält, muss automatisch darüber nachdenken, wie Prozesse verändert werden müssen, um das zu ermöglichen. Und genau da liegt der Hebel für echte Business Agility.
👉 Tipp: Wer tiefer einsteigen will, sollte sich unser Playbook „Start in die agile Transformation!“ ansehen.
Ein harter Mythos! Viele glauben, Scrum bedeute, einfach draufloszuarbeiten. In Wahrheit gibt es mehrere Planungsmechanismen:
Scrum plant nicht alles im Voraus, sondern genau das, was nötig ist – so spät wie möglich, so früh wie nötig. Das minimiert Planungsaufwand und maximiert Flexibilität.Fazit: Scrum ist kein Dogma, sondern ein Framework für Business AgilityScrum ist kein starrer Prozess, kein Mini-Wasserfall und auch keine planlose Methode. Wer es versteht, nutzt es als Werkzeug für Selbstorganisation und kontinuierliche Verbesserung.Scrum ist einfach zu verstehen, aber schwer zu meistern. Unternehmen, die sich intensiv mit den Prinzipien befassen, profitieren langfristig am meisten.
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Quellen
Stefan Roock, Innovative agile Teamkonzepte: Mehr Flow und Geschwindigkeit in der Produktentwicklung (Heidelberg: dpunkt, 2025).
Pichler, R. (2010). Agile Product Management with Scrum: Creating Products that Customers Love.