Agile Prinzipien legen nahe, die Organisation nicht um Abteilungen oder Hierarchien, sondern um das Produkt selbst zu strukturieren. Diese Kernidee liegt bereits dem agilen Manifesto zugrunde. Das bedeutet aber unter anderem im Klartext:
Jegliche Entwicklung und jeder Prozess sollten stets den Kundennutzen im Blick haben. Design Thinking und Scrum (siehe Tim Brown, Change by Design, HarperBusiness, 2009) postulieren dies zwar immer wieder, führen regelmäßige Reviews ein und binden Nutzer aktiv ein. Es wurden sogar spezielle User Stories entwickelt. Doch die Realität ist oft eine andere: Viele Unternehmen stehen keineswegs in einem kontinuierlichen Dialog mit den Nutzern ihrer Produkte.
Anstatt den Produktionsprozess in Abteilungen zu zerteilen, sollten Unternehmen den gesamten Weg eines Produkts vom Konzept bis zum finalen Nutzen abbilden. Dieser „End-to-End“-Ansatz minimiert Schnittstellen und definiert klare Verantwortlichkeiten. Eine Fehlentwicklung besteht darin, dass die Identifikation von Wertströmen lediglich zu neuen Abteilungen führt. Stattdessen sollten Wertstromteams tatsächlich über Abteilungsgrenzen hinweg arbeiten, anstatt nur über sie hinweggelegt zu werden.
Um eine echte Kundenorientierung zu ermöglichen, sollten Unternehmen ihre Aufbau- und Ablauforganisation gleichsetzen. Cross-funktionale Teams bestehen aus Expert*innen verschiedener Bereiche (Entwicklung, Vertrieb, Marketing, UX etc.) und haben das Ziel, ein Produkt so weiterzuentwickeln, dass es optimal auf Kundenbedürfnisse abgestimmt ist. Jede Perspektive trägt zu einer ganzheitlichen Lösung bei – und damit verschwinden klassische Abteilungsstrukturen. Eine solche Organisation wäre eine direkte Abbildung des Kunden und würde sich an seinen Bedürfnissen orientieren, anstatt sich an internen Strukturen auszurichten.
Es liegt nahe, agile Management-Frameworks wie Scrum einzusetzen, um die grundlegenden organisatorischen Probleme zu lösen. De facto verspricht dieser Ansatz jedoch nicht nur Effizienzsteigerung, sondern auch eine Rückbesinnung auf das eigentliche Ziel der Organisation: ein System zu sein, das den Kunden zufriedenstellt.
Jede Organisation ist zunächst ein Produkt ihrer eigenen Strukturen. Doch es gibt einen Moment, in dem sie nicht mehr das liefert, was Kunden tatsächlich wollen. Dann ist nicht nur das Produkt das Falsche, sondern auch die Organisation, die es hervorbringt. Damit sie wieder ein passendes Produkt liefern kann, muss sie sich selbst verändern – jedoch nicht in Form einer generischen „agilen Transformation“, sondern in einer inkrementellen, iterativen Anpassung, die dazu führt, dass die Organisation wieder Leistungen erbringt, die Kunden begeistern.
Das bedeutet: Fail Fast, Deliver Early and Often – sprich mit den Kunden, setz dich der Kritik aus, hol Feedback ein, verändere dein Produkt so schnell wie möglich. All das ist der Kern agiler Ideen.