Warum die EU-Taxonomie eine einmalige Chance für Banken ist

Die europäische Finanzwirtschaft hat in den letzten 15 Jahren keine einfache Zeit hinter sich. Inzwischen sehen viele Institute aber selbst großen Handlungsbedarf und unternehmen erste Anstrengungen nachhaltiger und moderner zu werden. Das Verantwortungsbewusstsein ist gewachsen. Doch an Umsetzungsideen hapert es häufig noch.

Es gab mehrere Einschnitte, die eine nachhaltige Veränderung aus dem Inneren heraus ermöglicht hätten: Die Finanzkrise 2008 und die Digitalisierung sind nur zwei Beispiele. Aus diesen wurden Lehren gezogen und die Transformation ist inzwischen vielerorts in Gange, wenn auch der Weg für einige noch weit scheint.

Gerade bei der Digitalisierung sind viele Banken noch zögerlich unterwegs. Eine Anbindung an Apple Pay oder eine Banking-App sind ebenso wenig echte Digitalisierungsinstrumente wie das Abbilden einer manuellen Papierstrecke in einer Software. Digitale Produkte entstehen vollkommen anders als analoge. Hier besteht echter Nachholbedarf, um den Bedürfnissen der Kund:innen wirklich gerecht werden zu können.

Wie so oft sind Veränderungen aus dem Inneren schwierig und manchmal braucht es einen externen Schock. So einen Schock stellt die EU-Taxonomie dar. Denn sie zwingt Banken zum Change, da um dieses rechtliche Regularium niemand mehr herum kommt. Auch wenn viele Nutzer:innen das anders sehen, könnte man ketzerisch behaupten, die Digitalisierung sei in gewissem Maße freiwillig. Bei der EU-Taxonomie bleibt wenig Raum für Interpretationen.

Das Dilemma ist jedoch: Noch immer wird die EU-Taxonomie als ein Problem der Zukunft betrachtet. In seinem Nachhaltigkeitspapier aus dem Jahr 2020 (!) beschreibt der Bankenverband, dass zu diesem Zeitpunkt nur 19 % der Banken das Thema Nachhaltigkeit überhaupt als relevant erachten. Will man aber am Markt wirklich punkten und frühzeitig Chancen ergreifen, ist spätestens jetzt richtige Zeitpunkt, sich dieser Herausforderung zu stellen.

Die EU-Taxonomie ist ein Segen für Banken

Das geht aber nur, wenn die EU-Taxonomie nicht als lästige Meldepflicht betrachtet, sondern als Chance begriffen wird. Denn sie ermöglicht den Banken ihrer Verantwortung nachzukommen und sich von innen heraus zu transformieren.

Kunden werden künftig noch mehr auf nachhaltige Produkte achten (PWC Studie) und Banken müssen lernen, eine Outside-In Philosophie zu leben: Das bedeutet, dass alles, was in einer Organisation passiert, aus Sicht des Kunden gelebt und prozessiert wird. Ich sollte mich also nicht mehr fragen: „Was kann meine Abteilung mit den bestehenden Prozessen liefern?" sondern “Was braucht der Markt?” und dementsprechend meine Abteilung und meine Prozesse aufbauen.

Der vorherrschende Inside-Out Ansatz ist innovationsarm und gehört der Vergangenheit an. Banken sollten nicht nur ihre Ablauforganisationen um ihre Produkte herum gestalten, sondern ihre gesamte Organisation darauf ausrichten. Die Zukunft liegt in fluiden Organisationen, die eine Änderung in der Aufbauorganisation nicht als Problem, sondern als alltägliche Gewohnheit begreifen. Orientierung kann das BAPO-Modell bieten, welches sich stringent den Aufbau von Prozessen und Organisationen aus dem Markt heraus beschreibt.

Wird dies nicht getan, dürfte Herr Conway wieder einmal Recht behalten: "Die Produkte werden zum Abbild der Kommunikation in der Organisation und damit zum heutigen Stand wenig innovativ."

Agilität ist der “Way-to-go”

In seinem Leitfaden zur EU-Taxonomie beschreibt der Deutsche Bankenverband die Taxonomie als: „neu, komplex, dynamisch, langfristig.“

Angesichts dessen ist eine agile Herangehensweise ein erfolgsversprechender Ansatz. Ein klassisches Planungsmodell wird in dieser Umgebung früher oder später an seine Grenzen stossen.

Agile Ansätze haben gemein, dass sie sich hervorragend für komplexe Probleme eignen, da durch schnelle, iterative Lieferungen und eine hohe Lernkurve auf neue und dynamische Umwelten eingegangen werden kann. Die Taxonomie kann nicht erschlagen werden durch jahrelange Planung und komplexe Prozessmodelle, sondern nur durch ein Herantasten in hohen Lernzyklen.
Auch wenn die Mitarbeitenden weiter im Fokus stehen, werden Banken ihre IT-Systeme modernisieren und vor allem in die Softwareentwicklung investieren müssen.

Die Schwierigkeiten, die sich hier summieren sind vielfältig. Am Ende des Tages steht aber besonders das Datenproblem im Mittelpunkt: Banken müssen weiterhin Portfolio- und Risikoentscheidungen treffen - das ist ihr Job. Die EU-Taxonomie verwirft nun zum Teil klassische Modelle, die sich hierfür bewährt haben. Dadurch entsteht ein neues Lernfeld, welches schrittweise erarbeitet werden muss.

Dabei nimmt die IT eine entscheidende Rolle ein, denn der Aufwand ist manuell nicht zu bewältigen. Dies wird auch als Zwillingsproblem bezeichnet: Eine Umsetzung der EU-Taxonomie ohne eine tiefgreifende Veränderung der IT-Landschaft der Banken wird nicht funktionieren.

Digitalisierung und EU-Taxonomie gehen damit Hand in Hand und sind Paradebeispiele, um mit agilen Methoden angegangen zu werden.

Meine TOP 3 Empfehlungen lauten daher:

  1. Die EU-Taxonomie als Chance begreifen.
  2. Das Problem iterativ in kleinen Lerneinheiten angehen.
  3. Aus der IT heraus denken, um eine nachhaltige Transformation zu ermöglichen.

Fazit:

Die EU-Taxonomie ist eine Chance für Banken, sich nachhaltig zu transformieren. Wenn sie diese Chance ernst nehmen, bekommen sie die Möglichkeit, sich den Stellenwert zurückzuerobern, den sie lange Zeit innehatten und den sie gern für sich beanspruchen. Aber ohne Wandel wird das nicht gelingen.

Bildquelle: Toa Heftiba on Unsplash

Finance
Sustainable Finance
Agile Toolbox
MichaelMay
November 30, 2022

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