„Warum müssen wir um Himmelswillen diese Tasks schreiben? Ich weiß doch, was ich machen muss.“ „So viel Overhead, wann haben wir mal Zeit zum Arbeiten?“ oder „Jede Woche liefern? Das ist zu wenig Zeit.“ Das sind beliebte Fragen von Entwicklungsteams, die sich mit dem Framework Scrum vertraut machen. Doch nicht nur in Unternehmen trifft man auf diese Bedenken, sondern auch in einer Wirtschaftsvorlesung von Prof. Holger Günzel an der Hochschule München. Er möchte nämlich mit seinen Studenten in den nächsten sechs Wochen Scrum4Schools als Experiment einführen und damit eine der Hausarbeiten erarbeiten lassen.
Prof. Günzel, in der Rolle des Product Owners, ist gut vorbereitet und hat sein Release-Ziel sauber formuliert. Jede Gruppe erhält eine eigene Aufgabenstellung, die in einen für Wirtschaftsstudenten relevanten Kontext eingebettet wurde. So sollen sie zum Beispiel laut Auftrag des Managements in einem großen Konzern Agilität einführen. Hierfür braucht es natürlich erst einmal eine Vision, Messkriterien für den Erfolg und die ersten Schritte, die getan werden müssen. All das soll in Form einer schriftlichen Arbeit erfolgen, damit das Management auch etwas in der Hand hat und zu einem späteren Zeitpunkt die Ergebnisse nachvollziehen kann. Die Constraints dieser Lieferung sind Zeit (6 Wochen), Organisationsvorgaben (Wir arbeiten in Dreier-Gruppen) und Arbeitsmethoden (Verwendung von Scrum und den damit verbundenen Artefakten). Als Akzeptanzkriterien finden sich die formalen Kriterien wie Zitier- und Quellenvorgaben, die Prof. Günzel an eine Studienarbeit stellt sowie das Verproben des Konzepts an mindestens drei Personen aus dem relevanten Kundenkreis. Inhaltliche Punkte, die er aus der Kundenperspektive mitgibt, verpackt er vorbildlich in User Stories. Hier finden sich Themen wieder wie Rollendefinitionen, Monitoringvarianten des Fortschritts, Pro- und Kontra-Argumente oder auch eine kleine Planung der nächsten Schritte.
Zu Beginn der Veranstaltung verteilt Prof. Günzel das Handout und Scrum-Checklisten von borisgloger consulting, die sehr gut an eine vorhergehende allgemeine Einführungsveranstaltung zu agilen Methoden anschließen. Wie in einem richtigen Sprint Planning erklärt er die Zielstellung und die einzelnen User Stories. Die Studenten haben im Anschluss die Möglichkeit, Verständlichkeitsfragen zu stellen und in die Verhandlung der Akzeptanzkriterien zu gehen. Nachdem Gruppen von je drei Studierenden gebildet sind, erarbeitet jede Gruppe eine eigene Definition of Done, in der sie ihre Qualitätskriterien beschreibt und ihre gemeinsame Arbeitsweise festlegt. Jede Gruppe soll auch die User Stories priorisieren und grob nach ihrer Größe schätzen. Für diesen Zweck verteilt Prof. Günzel Planning-Poker-Karten. Mit der daraus resultierenden Planung können nun die Taskboards mit den notwendigen Aufgaben pro User Story bestückt werden.
Und genau in dieser ersten Kennenlernphase sind Studenten eben auch nur Menschen, die eine neue Form der Zusammenarbeit und des Lieferns kennenlernen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sie exakt die gleichen Fragen stellen wie andere Scrum-Teams. Wir sind gespannt, wie die erste Iteration verläuft und berichten weiter.