Was bedeutet es für ein Unternehmen in der Automobilbranche, sich zu einer modernen Organisation hin zu transformieren? Wir haben bereits über moderne Produktentwicklung, crossfunktionale Teams und Microservice-Architekturen, die richtigen Kompetenzen und Infrastruktur gesprochen. Was bedeutet das alles für die Führung des Unternehmens: Auf Portfolio- und Programmebene wird ein Steuerungsinstrument (Management-Framework) wie Scrum, Kanban oder OKRs eingeführt, sodass die Managementteams agil zusammenarbeiten, agile Werte vorleben und die Teams unterstützen können.
Oftmals beginnt eine agile Transformation zunächst mit einigen Teams, die agil arbeiten. Wenn sich die Methoden bewähren, folgen in der Regel weitere Teams. Der Rest der Organisation arbeitet aber klassisch weiter. Das heißt: Die Teams sind nach innen agil, aber sie werden weiterhin klassisch kontrolliert und müssen beispielsweise Excel-Statusberichte ausfüllen oder Weisungen entgegennehmen. Außerdem gibt es Abhängigkeiten zu anderen Teams, die nicht agil arbeiten. Die neue agile Welt kollidiert mit der Linienorganisation.Agile Management-Frameworks sind deshalb zweierlei: einerseits Arbeitsweisen für Teams („Wir arbeiten nach Scrum“), andererseits Steuerungsinstrumente auf Portfolio- oder Programmebene.
Ein Vorteil vom agilen Arbeiten ist das Priorisieren: Das Wichtigste (mit dem höchsten Kundennutzen) wird zuerst geliefert. Das agile Team hat gelernt, einzuschätzen, an wie vielen User Stories es gleichzeitig arbeiten kann und wann es „Stopp, mehr schaffen wir in diesem Sprint nicht“, sagen muss. Wenn nun die Führungsebene anders priorisiert, dann kann es zu Zielkonflikten und zu einer ineffizienten Verteilung von Ressourcen kommen.Mit modernen Management-Frameworks priorisieren die Führungskräfte auf Portfolio-, Abteilungs- oder Programmebene gleich wie die Teams: Sie orientieren sich ebenfalls am Kundennutzen und an den Lieferungen. Sie fragen: Arbeiten wir an den richtigen Produkten? Wenn diese Frage beantwortet ist, können eventuelle Zielkonflikte aufgelöst, Abhängigkeiten zwischen Produkten/Lieferungen sichtbar gemacht und die entsprechende Budgetallokation angepasst werden. Diese Priorisierung auf Managementebene ist extrem wichtig, um die Wertschöpfung des gesamten Unternehmens zu optimieren, anstatt nur auf einzelne voneinander abgetrennte Bereiche/Teams zu schauen (globale vs. lokale Optimierung). Um unmittelbar zu erleben, was die Teams liefern und wie die Nutzerinnen und Nutzer darauf reagieren, kommen die Führungskräfte ins Review und verzichten auf trockene Dokumentationen oder Statusberichte.
Die Anforderung ist: schnell, richtig und qualitativ hochwertig zu liefern, dafür muss die ganze Organisation an einem Strang ziehen. Etablierte Management-Frameworks, wie Scrum, OKRs oder Kanban, liefern dafür Good Practices. Der Vorteil eines Management-Frameworks: Wir brauchen das Rad nicht neu zu erfinden, sondern erhalten einen fertigen Werkzeugkoffer. Darin finden wir klare Strukturen für Arbeit und Kommunikation: Ziele, Meetings, Regeln, die wir den Teams übergeben, die damit arbeiten können.Es empfiehlt sich dabei nach "SHU-HA-Ri – den drei Lernstufen zur Meisterschaft aus Aikido – vorzugehen. Wir konzentrieren uns auf der Stufe des „SHU“ auf das Kopieren des Gezeigten und eignen uns eine solide Basis an. Wenn wir in der „HA“-Stufe ankommen, haben wir das Grundlegende verstanden und fangen nun an, das Erlernte zu hinterfragen, erste Regeln abzuwandeln und auf unseren Kontext anzupassen. Die letzte Stufe, das „RI“, ist die Stufe der Meisterschaft. Das zu erlernende Thema wurde vollständig begriffen und man ist in der Meisterschaft angelangt. Von nun an entscheiden wir selbst, welche Regeln für uns die richtigen sind, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Dies alles ist nur möglich, wenn die Menschen, die neue Arten der Zusammenarbeit in ihren Alltag integrieren sollen, dies auch mit dem nötigen Rückhalt machen dürfen.
Damit die agile Skalierung funktioniert, muss sich das Unternehmen auf sechs Ebenen transformieren. Management-Frameworks bilden eine dieser sechs Ebenen in der agilen Transformation. Im ersten Teil der Blogreihe „Mobilität digital denken“ finden Sie die Beschreibungen aller sechs Ebenen. Im nächsten Teil geht es um Führung und Werte.Wenn Sie mehr über den borisgloger-Zugang in der Automobilbranche erfahren wollen, besuchen Sie unsere Branchenseite Automotive. Geschrieben gemeinsam mit Michael Friedmann.
#1 "Die Autobranche muss agil werden"
#2 "Produkt- statt Prozessarchitektur"
#3 "Entwicklungs- & Kommunikationsinfrastruktur"
#4 "Wettbewerbsvorteil „Skills und Expertise“"
#5 "Kundenorientierung & Produktentwicklung"
Bild: Pexel License, Miguel Á.