Bei meiner Recherche nach Möglichkeiten, Kinder anzuleiten, um ihren Lernalltag zu strukturieren, bin ich auf diese tolle Idee einer Lehrerin gestoßen, die sich für ihre Schüler eine “Homeschooling Challenge” ausgedacht und sie über Twitter verbreitet hat.
Einen anderen Weg geht Mark Pushinsky: Er hat für seine Kinder ein Taskboard aufgebaut und die Kinder können sich so den Lernstoff selbstorganisiert beibringen.
Beide Ideen sind großartige Beispiele dafür, was ich mir nun wünsche: Dass wir die Kinder selbstbestimmt lernen lassen. Doch ich möchte hier über das andere, in vielen Haushalten viel wahrscheinlichere Szenario sprechen:Ich befürchte, in den meisten Familien werden die Eltern versuchen, mit den Kindern, die gerade gar keine Lust haben, den Lernstoff aus der Schule durchzugehen. Sie erklären, werden dabei ungeduldig und es entstehen Konflikte.Ja – ich spreche darüber, denn die wunderbaren Beispiele, die wir auf Twitter/LinkedIn und Xing dazusehen, die wunderbaren Ideen, die beim ersten Hackathon der Bundersregierung entstanden sind – sie zeigen die Welt des schönen Scheins. Auf Twitter sprechen wir auch darüber, dass wir nun Remote so toll arbeiten – während viele Firmen bereits die ersten Entlassungen aussprechen – worüber nicht auf Twitter geredet wird. Nicht unähnlich ist es in vielen Wohn- und Kinderzimmern. Da wird jetzt auch die ein oder andere Träne fließen.“Homeschooling” ist das Wort der Stunde, doch die damit einhergehende Überforderung wird nicht angesprochen: Die Kinder sind ständig da, möglicherweise kann man gerade nicht arbeiten, dann soll man noch die Rechner der Kinder einrichten, damit sie das Online-Programm der Schule nutzen können (nur muss man das überhaupt erst einmal können) und die meisten von uns sind es nicht gewohnt, dass alle aufeinander hocken. Ich habe das große Glück, einen Garten und eine großzüge Wohnung zu haben, doch wie ist es mit drei Kinder auf 80qm ohne Balkon und dann soll man noch lernen?Ja – im Rundfunk gab es den Hinweis, man solle den Kindern einen eigenen Bereich fürs Lernen geben, stimmt absolut: Doch was, wenn ich den gar nicht habe? Was, wenn ich zuhause gar keinen oder nur einen Rechner habe, aber mehrere Kinder: Wenn ich “nur” ein oder zwei Smartphones habe? Wie gehen die Eltern damit um, dass sie vielleicht ihr Telefon hergeben sollen, aber selbst gerne in Kontakt mit ihren Freunden per Whatapp wären?In unserer Homeschooling-Reihe diese Woche werden wir Ihnen Tipps dazu geben, wie Sie das Lernen mit den Kindern selbstorganisiert gestalten können.Doch ich möchte Ihnen hier den ersten und aus meiner Sicht wichtigsten Tipp mitgeben:Bleiben Sie gelassen – machen Sie als Eltern bitte keinen Druck.Halten Sie aus, dass die Kinder vielleicht gerade gar nicht lernen können, weil sie auch Angst haben vor dem, was da kommt. Hören Sie lieber, was sie zu sagen haben. Schauen sie sich vielleicht einfach einmal gemeinsam einen Film an. Oder gehen Sie gemeinsam auf die Suche nach einem netten YouTube-Video, das die binomischen Formeln erklärt (z.B. HIER) oder was auch immer gerade von Interesse ist. Und sollten Ihre Kinder einmal zwei Wochen nichts lernen wollen, dann geht die Welt sicher nicht unter. Lassen Sie ihnen den Raum, selbst zu entscheiden, wann sie was wie lernen wollen. Vielleicht hat dann die Lehrerin Ihrer Kinder auch so eine coole Idee, wie die Homeschooling Challenge – und Ihre Kids haben Lust und machen mit.Ich bin ganz ehrlich: Mir war bei dem Gedanken, dass ich meine Kinder zuhause unterrichten soll, bis vor kurzem auch nicht wohl. Seit meinem ausführlichen Gespräch mit dem Freilernen-Befürworter Prof. Remus (zu hören im Podcast) sehe ich das aber entspannter. Denn Kinder wollen lernen, wenn man sie lässt.Viel Spaß beim gemeinsamen Entdecken,Boris Gloger
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