„Ich wünsche mir eine transparente und gelebte Feedback-Kultur“, so in etwa lautet einer der häufigsten Sätze, die ich von Bewerber:innen im Erstgespräch höre, wenn ich sie frage, was ihnen in ihrem zukünftigen Arbeitsumfeld besonders wichtig ist. Vor allem bei jungen Menschen mit keiner oder wenig Berufserfahrung stelle ich fest, dass sie sich sogenanntes „konstruktives Feedback“ wünschen, um an sich arbeiten und sich entwickeln zu können.
Ich höre immer wieder von Bewerber:innen, dass sie entweder gar kein Feedback oder lediglich spärliches erhalten. Und häufig auch nur, weil sie es darauf anlegen, sich dieses proaktiv einzuholen. Häufig sahen diese Feedback-Gespräche dann so aus, dass Vorgesetzte ihren Mitarbeitenden einmal im Jahr erzählten, was sie das ganze Jahr über gut oder schlecht gemacht haben. Wird ein so langer Zeitraum betrachtet, ist die Gefahr von Wahrnehmungs- und Beurteilungsfehlern groß. Ereignisse, die erst kürzlich passiert sind, sind besonders präsent im Gedächtnis und werden deshalb stärker gewichtet als solche, die weiter in der Vergangenheit liegen („Recency-Effekt“).
In all diesen Fällen wird der Begriff „Feedback“ – oder zu Deutsch „Rückmeldung“ – zumeist sehr wörtlich genommen. Referenziert wird dabei auf Ereignisse, Verhalten, Vorfälle und Leistungen, die in der Vergangenheit liegen und auf die kein Einfluss mehr genommen werden kann. Es wird darauf geschaut, was „damals“ gut oder schlecht gelaufen ist. Punkt. Das war’s. Mit etwas Glück gibt es zumindest den Rat, was hätte besser laufen können. Aber hätte, hätte, Fahrradkette, wie man so schön sagt.
Das mag ziemlich frustrierend sein, denn oft wissen wir im Nachhinein ganz genau, dass eine bestimmte Situation nicht optimal gelaufen ist. Was in so einem Fall helfen kann, ist zielgerichteter Rat „nach vorne“ oder ein gemeinsames Brainstorming von Lösungsansätzen für die Zukunft. Das bringt mich zum Begriff „Feedforward“, den Marshall Goldsmith in seinem Artikel „Try Feedforward Instead of Feedback“ erläutert, worin er auf die Vorteile dieses Ansatzes eingeht und eine kurze Übung vorstellt. Dabei geht es eben NICHT darum, Ereignisse und Situationen aus der Vergangenheit, die wir nicht mehr in der Hand haben, zu reflektieren, und mitgeteilt zu bekommen, was denn zuvor alles falsch gemacht wurde. Es geht wirklich um Hilfestellungen für die Zukunft, um ein bestimmtes Ergebnis oder einen bestimmten Zustand herbeizuführen. Der Gedanke des Feedforward zielt darauf ab, dass auf diesen Zustand und die Richtung, in die man sich entwickelt, wirklich selbst Einfluss genommen wird.
Warum wir diesen zukunftsgerichteten Ansatz fahren? Weil wir überzeugt davon sind, dass bei uns großartige Menschen arbeiten, in denen unheimliches Potenzial steckt, das wir gemeinsam entdecken und fördern möchten. Außerdem haben wir eine Kultur geschaffen, in der es erlaubt ist, Fehler zu machen. In der es in Ordnung ist, hinzufallen und in der einem viele Hände gereicht werden, um wieder aufzustehen. In der es gewünscht ist, man selbst zu sein und sich auszuprobieren und in der wir nicht nachtragend sind. Wozu also den Fokus auf Dinge legen, die wir vielleicht in der Vergangenheit nicht gut gemacht haben, wenn wir es uns mit nach vorne gerichteten konkreten Maßnahmen zum Ziel machen können, zu lernen und über uns hinauszuwachsen?
Welche Erfahrungen habt ihr im Unternehmen mit Feedback oder Feedforward gemacht? Teilt eure Eindrücke gerne in den Kommentaren!
Titelbild: Sammie Chaffin, Unsplash