Die Kalinić-Lektion – Grundwerte sind unverhandelbar

Scrum kennt mit Mut, Offenheit, Transparenz, Respekt und Commitment fünf grundlegende Werte. In Unternehmen, die sich auf den agilen Weg machen, kommen diese Werte im Allgemeinen ganz gut an. Ja, es gibt den ein oder anderen Konjunktiv oder rhetorischen Weichmacher. Manchem entkommt auch ein mildes, wohlwollendes Lächeln. Werte, na klar, sind jedenfalls schon mal super und wenn es hart auf hart kommt, findet sich immer irgendwie eine Lösung. Haben Sie den rhetorischen Weichmacher, die opportunistische Öffnung des Handlungsspielraums im vorherigen Satz entdeckt?

Mit unverhandelbaren Werten schafft man es ins Finale

Wie weit man es bringen kann, wenn Werte unverhandelbar sind, hat in diesen Wochen die kroatische Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Russland mit dem Einzug ins Finale gegen Frankreich gezeigt. Nikola Kalinić hat im ersten Gruppenspiel der Kroaten gegen Nigeria in der 85. Minute beim Stand von 2:0 für Kroatien seine Einwechslung verweigert. Er habe Rückenschmerzen, ähnlich wie schon Tage zuvor im Freundschaftsspiel gegen Brasilien. Kurz nach dem Spiel gegen Nigeria sprach der kroatische Trainer Zlatko Dalic davon, dass es keine Verletzung, sondern nur ein Problem gäbe. Zwei Tage später war Kalinić nicht mehr Teil des kroatischen Kaders. Es heißt, er sei enttäuscht darüber gewesen, dass Mario Mandzukic den Vorzug im Sturmzentrum erhalten habe.Nikola Kalinić war ein wichtiger Spieler im Kader der kroatischen Nationalmannschaft. Ein international erfahrener Stürmer, der erst diesen Sommer für eine zweistellige Millionensumme zum AC Mailand gewechselt war und einst als eines der größten Talente des Landes galt. Ein Land, das gerade etwas mehr als vier Millionen Einwohner zählt, ein Land, dessen größter fußballerischer Erfolg mit dem dritten Platz bei einer Weltmeisterschaft bereits 20 Jahre zurückliegt und ein Land, das im Finale in Moskau die Möglichkeit hatte, den größten Triumph im Fußball zu erringen – den Weltmeistertitel.Zlatko Dalic hat das alles erreicht, obwohl er die Mannschaft im ersten Moment geschwächt hat, indem er einen Spieler nach Hause geschickt und sich selbst einer wichtigen Option im weiteren Turnierverlauf beraubt hat. Er hat sich gegen die vermeintliche Angst vor mangelnden Alternativen in der späteren Phase entschieden. Er hat konsequent seine Grundwerte verteidigt – gerade dann, als es hart auf hart kam. Zu Beginn des wichtigsten Turniers einer goldenen Generation.

An erster Stelle steht das Wohl des Teams

Das zeigt, wie wichtig Grundwerte sind. Es belegt, dass ein funktionierendes Team bei jedem Zusammenwirken von Menschen die oberste Priorität hat – ob auf dem Platz oder in Unternehmen und erst recht im agilen Kontext. Das gilt es zu verteidigen, auch wenn es im ersten Moment wie eine Schwächung aussieht und Konsequenz auch mal als Kälte interpretierbar ist. Es zeigt sich erneut, dass ein funktionierendes Team mit starken, gelebten Grundwerten in der Lage ist, auch bei suboptimalen Rahmenbedingungen Erfolge zu feiern und das Maximum aus sich herauszuholen.Auf der anderen Seite sehe ich auch den Menschen Nikola Kalinić. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie es aktuell in ihm aussieht, die Gedanken, die ihm in den Sinn kommen, das Stigma, „der Eine“ gewesen zu sein. Wenn man aus dieser Tragik noch etwas Positives ziehen möchte, dann ist es diese Lektion, die uns Nikola Kalinić mitgibt: Es lohnt sich einfach nicht, sich für unverzichtbar zu halten. Weder im Moment, noch in der Vita. Die Welt dreht sich weiter. Ein funktionierendes Team geht seinen Weg.Persönlich wünsche ich Nikola Kalinić, dass er sich von diesem persönlichen Tiefschlag erholt. Ich hoffe, dass er den Mut findet, seine Geschichte zu erzählen und dass es sein Triumph wird, Menschen dazu zu inspirieren, in jenen Augenblicken reflektiert zu handeln, in denen das Leben von jetzt auf gleich eine Wende nimmt.Foto: CC0 Creative Commons - pixabay, comfreak

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Matthias Rodewald
July 20, 2018

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