Scrum ist großartig. Entscheidungen werden dort getroffen, wo die größte Kompetenz liegt. Nur was, wenn mein Team das gar nicht so großartig findet? Wenn die Teammitglieder lieber tun, was man ihnen sagt? Dann sind sie hinterher, falls etwas schief geht, wenigstens nicht schuld. Schuldkultur führt zu Pflichterfüllung statt Verantwortungsübernahme. Wenn ich das als ScrumMaster erkannt habe, wie kann ich dann damit umgehen? Wie schaffe ich es, meinem Team Mut zu machen, selbst Entscheidungen zu treffen?
Je größer das Sicherheitsbedürfnis, desto enger sollte der Rahmen sein, um kleine Entscheidungen mit geringfügigen Konsequenzen treffen zu können. Mit der Erfahrung kommt das Vertrauen. Das Vertrauen liegt übrigens auf beiden Seiten: Bei demjenigen, der Verantwortung übernimmt ebenso wie bei dem, der Kontrolle abgibt.Jeder ScrumMaster kennt die Situation am Anfang einer Scrum-Einführung: Im Daily stehen alle Teammitglieder in einem großen Sicherheitsabstand zum Board, niemand will etwas sagen müssen.Durch die 4 Fragen
geben wir dem Daily einen engen Rahmen. Die Teammitglieder haben nicht viel eigenen Gestaltungsspielraum. Es entsteht umso mehr Vertrauen, je häufiger Dailies gemacht werden. Der ScrumMaster macht die Erfahrung, dass das Team die 15 Minuten nutzt, um sich auszutauschen. Beim Team entsteht das Vertrauen, dass der Termin nicht dazu gedacht ist, sie zu kontrollieren. Ebenso wie im Beispiel 'Daily' funktioniert das mit dem Scrum-Framework als Ganzes. Der feste Rahmen gibt den benötigten Freiraum.
Es ist wichtig herauszustellen, dass die Frage, wer schuld ist, gänzlich uninteressant ist. Jedwede Diskussion der Schuldfrage muss vom ScrumMaster sofort unterbrochen werden. Für eine konstruktive Analyse der Ursachen bieten sich die 5-Warums und die Fischgräten-Analyse an. Die Erfahrung, nicht vorgeführt zu werden, wenn etwas nicht wie erwartet funktioniert hat, schafft Vertrauen.Mein persönlicher Erfolg war, als eines Tages ein Kollege sagte: „Da standen drei Leute aus drei verschiedenen Abteilungen vor dem Gerät zusammen, und statt wie früher drei Tage lang darum zu streiten, wer schuld ist, haben wir innerhalb von ein paar Stunden eine Lösung erarbeitet."Lächeln auf den Gesichtern. Stille Freude und Stolz, dass sie es geschafft haben, die lästige Schuldfrage hinter sich zu lassen.