Wie passen Agilität und Achtsamkeit zusammen? Mit Agilität wird oft Tempo und rasche Anpassungsfähigkeit verbunden. Beim Begriff Achtsamkeit hingegen denken wir an Entschleunigung und Ruhe. Wir, Anna und Niko, sind der Überzeugung, dass Agilität und Achtsamkeit ein starkes Match sind. In dieser Blog-Reihe schreiben wir über unsere eigenen Erfahrungen und geben Anregungen für konkrete Achtsamkeits-Hacks für Ihren Alltag.
Heute geht es darum, wie Achtsamkeit uns dabei hilft, den Fokus zu halten.
Der dynamische, digitalisierte Arbeitsalltag ist oft stressig. Anrufe, E-Mails, Meetings dominieren unseren Tag. Vor allem in Remote-Zeiten sind wir oft bis zur letzten Minute durchgetaktet. Zusätzlich fordert uns die schier endlose Verfügbarkeit von Informationen, die alle nur einen Klick entfernt sind. Die Gefahr des Verzettelns ist groß.
Niko startet seinen Tag häufig mit diversen Meetings: “Wenn ich keinen aktiven Part habe, dann höre ich mal mehr, mal weniger aufmerksam zu und ertappe mich dabei, wie ich nebenbei noch E-Mails checke und Aufgaben bearbeite, zu denen ich sonst nicht komme. Dieses Multitasking und die ständige Informationsflut führen dazu, dass ich mich gestresst fühle und meine Aufmerksamkeitsspanne abnimmt. Ich springe von einer Aufgabe zur anderen und kann mich nicht mehr längere Zeit auf eine fokussieren. Sogar beim Mittagessen checke ich noch E-Mails, um die ‚freie‘ Zeit zu nutzen.”
Anna geht es ähnlich, wenn sie in neue Themen eintaucht: “Ich liebe es, zu recherchieren, mir neue Themen zu erschließen. So finde ich Inspiration. Jedem spannenden Link zu folgen, ist aber gefährlich, wenn Informationen unbegrenzt verfügbar sind. Manchmal erwische ich mich dabei, wie meine Neugierde mich zu ganz anderen Themen gebracht hat als dem, was ich gerade bearbeiten wollte.” Wo ist er hin, der Fokus?
Wenn wir achtsam sind, gelingt es uns besser, den Fokus zu halten. Achtsamkeit beginnt damit, dass wir uns selbst wie von außen beobachten und wahrnehmen, wenn wir uns verzetteln und nicht bei der Sache sind.
“Seit ich mich in Achtsamkeit übe und beispielsweise regelmäßig meditiere, spüre ich, wie ich dem Multitasking bewusst entgegenwirken kann und durch mehr Fokus wieder mehr Kontrolle in meinen Arbeitsalltag bringe”, sagt Niko. Ihm hilft es, sich immer wieder an den Grundsatz zu erinnern: “Mach’ nur EINE Sache zu EINER Zeit!”
Anna hat für sich das agile Mantra “Stop starting, start finishing.” entdeckt. Es dient ihr immer wieder als Erinnerung daran, den Fokus bei der aktuellen Aufgabe zu halten und diese zu beenden, bevor sie eine neue beginnt. In der agilen Welt sprechen wir auch von “limiting work in progress”.
Schon Stephen Covey riet in seinem Buch “Seven Habits of Highly Effective People” (“Die 7 Wege zur Effektivität”): “Begin with the end in mind.” Achtsamkeit unterstützt uns dabei, den großen Fokus einer Idee oder eines Ziels auch bei jedem noch so kleinen Arbeitsschritt zu halten.
Wenn wir Klarheit darüber haben, wo wir hinwollen, dann gelingt es uns auch besser, Entscheidungen zu treffen. Deshalb ist Fokus einer der fünf Scrum-Werte. Um diese Klarheit, also den Fokus herzustellen, beginnen wir im Scrum-Framework die Arbeit mit der Erstellung einer Vision.
Achtsamkeit ermöglicht uns, uns selbst gut zu beobachten und wahrzunehmen, wenn wir den Fokus verlieren. Wer in so einem Fall achtsam mit sich selbst umgeht, wird sich dafür nicht kritisieren, sondern sanft zum Fokus zurückbringen und mit neuer Ausrichtung weiterarbeiten können.
Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Fokus-Muskel, den Sie trainieren können wie einen Bizeps. Durch wiederholtes Training wird dieser Muskel größer und stärker und Sie erhöhen kontinuierlich Ihre Achtsamkeit. Wir geben Ihnen zwei Anregungen für Alltag und Arbeit:
Achtsames Essen: Zu Remote-Zeiten sitzen wir zur Mittagszeit im Homeoffice statt mit Kolleg:innen in der Kantine. In bester Effizienz-Absicht überfliegen wir während des Essens schon die nächsten E-Mails oder lesen uns in einen Text ein. Nehmen Sie sich Zeit für Ihr Mittagessen und genießen Sie dies bewusst: Wie schaut Ihr Essen aus? Wie viele Farben sehen Sie am Teller? Welche Düfte nehmen Sie wahr? Dampft das Essen vielleicht noch, weil Sie es zuvor erhitzt haben? Konzentrieren Sie sich auf die Wahrnehmung Ihrer Sinne, dann werden Sie den ersten Bissen sehr viel intensiver schmecken – und gut auftanken. Im wahrsten Sinne des Wortes bekommen Sie mehr Energie, um nach dem Essen wieder bewusst und gestärkt für mehr Fokus in die nächste Arbeitsphase zu starten.
Achtsames Task-Management: Im agilen Arbeiten notieren wir Aufgabe einzeln – sei es physisch auf ein einzelnes Post-it oder virtuell mit der entsprechenden Software wie MS Planner, Trello Board oder Jira. Das Runterbrechen von Aufgaben hilft uns, nur auf die nächste Aufgabe zu fokussieren. Unser Tipp: Notieren Sie sich die Aufgabe, an der Sie als nächstes arbeiten wollen, auf ein einzelnes Post-it und kleben Sie dieses gut sichtbar an Ihren Monitor. So haben Sie einen visuellen Anker als ständige Erinnerung.
Unsere Tipps sind nur Anregungen. Überlegen Sie selbst, welche Tätigkeiten in Ihrem Alltag Sie achtsamer angehen möchten! Vielleicht ist es Zähneputzen ohne Aufräumen nebenbei? Oder ein Spaziergang, bei dem Sie Ihre Füße bewusst am Boden spüren, statt WhatsApp-Nachrichten zu tippen? Wir empfehlen, im privaten Alltag zu beginnen. Wenn es dort gut gelingt, dann profitieren Sie auch im beruflichen Kontext: Sie werden zum Beispiel in Remote-Meetings fokussiert zuhören, anstatt nebenbei E-Mails zu beantworten.
Wie geht es Ihnen mit Ihrem Fokus? Welche Tipps für mehr Achtsamkeit möchten Sie teilen? Wir freuen uns auf Ihre Erfahrungsberichte und Kommentare!
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Titelbild: Elena Taranenko, Unsplash