Haben wir als ScrumMaster eigentlich Bedürfnisse? Im agilen Umfeld liegt der Fokus ja darauf, dass ein Scrum-Team liefert und allfällige Impediments beseitigt werden. Der Kunde steht dabei im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Das Entwicklungsteam und der Product Owner versuchen stetig, seine Bedürfnisse zu erkennen und zu befriedigen. Wir ScrumMaster haben dabei die Aufgabe, Hürden oder Lücken in diesem Prozess jeden Tag aufs Neue zu erheben und zu beseitigen. Als Feuerlöscher oder Boje im Sturm stellen wir sicher, dass das Team ungestört neue Produkte entwickeln kann und wir haben ein offenes Ohr für alle, die an diesem Prozess beteiligt sind: für den Product Owner, das Entwicklungsteam, den Kunden, aber auch für das Management. Wir sind Seelsorger, Superhelden, Innovatoren, Beschützer, Sekretäre, Strategen, Anpacker, Künstler, Freunde, Sprachrohre, Motivatoren, Coaches und Clowns zugleich. Wir versuchen in unserer täglichen Arbeit, die Schmerzen und Blockaden zu lösen, damit ein reibungsloser Arbeitsflow entstehen kann, aber auch die Stärken und Freuden zu fassen und sie am Leben zu halten. Im Grunde dienen wir als Servant Leader unseren Teams und ihrem Umfeld und sind stets bemüht, ihre Bedürfnisse zu stillen. Aber wer stillt unsere Bedürfnisse? Wir selbst? Das Management? Oder im Gegenzug unser Team?Und wir ScrumMaster? Sollten wir nicht Motivation und Freude aus unserer Arbeit ziehen, indem wir den Prozess am Laufen halten und den Menschen um uns herum die Verantwortung für die und Freude an der Arbeit schenken? Sollten wir nicht so bescheiden sein, dass wir Kraft und Anerkennung aus den kleinen Veränderungen schöpfen, die wir vollbringen? Sollten wir nicht unsere Befriedigung aus der Freude und Dankbarkeit unseres Teams ziehen?Da liegt meiner Meinung nach der große Knackpunkt. Ein Prozess lässt sich nicht von heute auf morgen verändern, eine Denkweise nicht von jetzt auf gleich bereichern und schon gar nicht trägt eine Veränderung sofort Früchte. Also sind wir ScrumMaster erst einmal diejenigen, die alles aufreißen, kaputt machen und in Frage stellen, was allen Beteiligten Schmerzen bereitet, unangenehm ist und teilweise nicht verstanden wird. Die Freude unserer Teams und aller, die sie umgeben, fällt eher mager aus und damit auch die Befriedigung unserer Bedürfnisse als ScrumMaster. Jetzt könnten alle ScrumMaster aufspringen und sagen: "Ja! Revolution! Seht endlich ein, dass wir nicht eure Gegner sind, sondern eure Partner!" Aber nein, bescheiden wie wir sind, halten wir uns zurück, genießen im Stillen und hoffen auf den einen oder anderen guten Zuspruch in irgendeiner näheren oder fernen Zukunft. Ein paar Methoden helfen uns dabei, nicht den Mut und den Antrieb zu verlieren:
Was ist ein Change Agent ohne die Legitimation, einen Change auch durchführen und implementieren zu können? Was ist ein ScrumMaster ohne das Vertrauen des eigenen Teams? Und was können wir bewegen im Unternehmen, wenn das Management uns nicht hört und weiter die alten Wege geht? Nur wenn wir die Möglichkeit haben, Änderungen auch bis zum Schluss verfolgen und umsetzen zu können, haben wir die Möglichkeit, unsere Bedürfnisse zu stillen. Nur wenn wir die Erlaubnis aller im Team haben, mit ihnen gemeinsam den Weg gehen zu dürfen, können wir Arbeits- und Denkweisen verändern. Und somit ist das unser elementarstes Bedürfnis: die Freiheit und Legitimation, endlich unseren Job machen zu dürfen.