Mal ehrlich - bist du in einem Scrum Kurs, sei es der Certified ScrumMaster, der Professional ScrumMaster oder ScrumMaster Advanced, um ScrumMaster zu werden? Ich stelle mir diese Frage, weil es eigentlich genug ausgebildete Certified, Professional und Advanced ScrumMaster in Deutschland geben müsste. Spannenderweise ist es aber so, dass die Firmen, die scrummen wollen, in Deutschland händeringend gute ScrumMaster suchen, aber keine finden. Das ist merkwürdig: Von den 600, die alleine ich pro Jahr ausbilde, sollten doch 10% pro Jahr wirklich Scrum machen wollen? Dem ist aber gar nicht so, wie ich oft bemerke. Es gibt zwar Nachfrage, aber kaum Leute, die als ScrumMaster arbeiten wollen.Was ist da los? Wenn der Job als ScrumMaster doch so toll ist, wie ich immer schreibe, wieso will ihn dann keiner machen?Der ScrumMaster als Position ist so neu für Firmen in Deutschland, wie es der Projektmanager vor 15 Jahren gewesen ist. Auch damals war es offensichtlich so, dass der Job als PM nur eine Zwischenstation zur echten Linienfunktion war. Viele Leute wollten damals nicht Projektmanager werden, weil sie fürchteten, damit ihrer Karriere zu schaden. Heute ist das anders, heute gibt es ausgebildete und zertifizierte Projektmanager, ganze Studiengänge. In Österreich gibt es sogar immer noch einen Hype rund um die Projektmanagement-Trainings.
Wenn meine Analyse stimmt, dann hat eigentlich aus der Position heraus, in der er gegenwärtig steckt - mit Ausnahme des Freiberuflers - kaum jemand ein Interesse daran, als ScrumMaster zu arbeiten. Möglicherweise ist es sogar schädlich, als ScrumMaster zu arbeiten. Die Gefahr ist groß, dass sich Scrum kontraproduktiv auf die Karriere auswirken könnte.
Im ersten Fall sind wir Scrum und agile Consultants gezwungen, mit den Firmen sehr schnell daran zu arbeiten, die Position des ScrumMasters attraktiv zu machen. Wir müssen den Kontext und die Karrierewege als ScrumMaster für die Mitarbeiter so attraktiv wie möglich machen. Es muss ähnlich ablaufen, wie bei der Etablierung des Projektmanagements.Im zweiten Fall wäre es eine Möglichkeit, dass die Scrum Community anfängt, den Status der ScrumMasters in den Unternehmen zu erhöhen. Wir müssen eine Community bilden, zu der man dazugehören will. Wir müssen ihnen helfen zu erkennen, dass sie Teil einer weltweiten Bewegung sind.Wir sind an einem wichtigen Punkt in der Entwicklung von Scrum und Kanban für Unternehmen angelangt. Wir brauchen mehr und mehr Leute, die bereit sind, einen neuen Weg zu gehen. Einen Weg, den sie mit den Unternehmen gemeinsam gestalten müssen, der ihnen aber nicht vorgegeben werden kann und der etwas unsicher ist.Wir als Consultants können unseren Einfluss bei den CTOs und CEOs der großen Unternehmen geltend machen, um diese Entwicklung Top Down einzuleiten. Die gesamte Community muss aber gemeinsam daran arbeiten, den ScrumMaster emotional attraktiv zu machen. Sonst fehlt es uns an Leuten, die den Change unserer Industrie vorantreiben werden.