Seit Oktober haben wir bei borisgloger eine Sustainability-Gilde. Nach dem Motto „Es gibt nichts Gutes, außer: Man tut es“ (Erich Kästner) versuchen wir, gemeinsam unser Wissen im Bereich Nachhaltigkeit auszubauen, um dementsprechend auch unser Handeln fortwährend anzupassen. Bei borisgloger treffen viele verschiedene Persönlichkeiten aufeinander, was unsere Vielfalt ausmacht. So haben wir dementsprechend auch unterschiedliche Sichtweisen, Interessen und Ansätze zum Thema Nachhaltigkeit und inspirieren uns gegenseitig immer wieder. Ohne den Zwang, überzeugen zu müssen, vernetzen wir uns durch Storytelling und vermitteln Tipps – zum Beispiel zu Büchern, interessanten Websites, Produkten und Apps, die unsere Welt nachhaltiger machen. In unregelmäßigen Abständen führe ich Interviews mit den Mitarbeitenden von borisgloger, um diese Tipps und Tricks mit euch zu teilen. Letzten Monat hat uns Nina über konsequente Mülltrennung und Fleischverzicht erzählt. Heute dabei: Meine Kollegin Franziska Link.
Franziska ist als Management Consultant und Trainerin bei borisgloger consulting an Bord. Die Frankfurterin ist unsere Design-Thinking-Spezialistin.
In meinem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens habe ich mich viel mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt und beschlossen, mich zu irgendeinem Zeitpunkt in meinem Leben noch stärker dafür zu einsetzen. Der Auslöser, das dann auch zu tun, war mein Semester in Südafrika. Überall lag Plastik herum, die Menschen haben ihren Müll einfach in den nächsten Graben geworfen. In den Regionen, in denen die Intrastruktur nicht gut ausgebaut ist, gibt es keine Müllabfuhr, geschweige denn Mülltrennung.
Ich habe mich dann gefragt, welchen Einfluss die Erziehung und auch Bildung hat. Meine Eltern haben zum Beispiel den Müll immer getrennt, wir hatten Kompost im Garten. Da ist mir noch einmal bewusst geworden, wie privilegiert wir in Deutschland sind: Wir haben Standards, die andere Länder nicht haben. Andererseits ist mir aber auch ein sehr positiver Aspekt im Ausland aufgefallen: das Upcycling. Dabei basteln oder bauen Menschen aus Müll neue Dinge. In den sozialen Netzwerken findet man dazu ganz viele, schöne Beispiele. Ich selbst habe mal ein Portemonnaie aus Plastiktüten gemacht. Da gibt es viele kleine Verwandlungen, die jede:r im Alltag umsetzen kann: Alte Gläser oder Plastikbecher dienen zum Beispiel gut als Blumentöpfe und Plastikflaschen sind super für die Pflanzenbewässerung. Die Ideen liefern zum Beispiel Websites wie Handmadekultur.
Nachhaltigkeit heißt für mich einerseits, die Umwelt nicht mutwillig zu zerstören und andererseits, das Beste aus allem rauszuholen. Was mich frustriert, ist unsere Wegwerfgesellschaft: Wir wertschätzen oft nicht mehr das, was wir haben, sondern schaffen ständig neue Autos und andere Dinge an, die wir nicht benötigen. Mein Credo ist, Dinge so lange zu verwenden, bis ihre Lebensdauer tatsächlich endet und so viel wie möglich nochmalig anders zu nutzen.
Ich sehe starke Synergien von agilem Arbeiten und Nachhaltigkeit: Agil arbeiten heißt, die Ressourcen, die wir haben, in einem bestimmten Zeitraum einzusetzen. Durch meine Design-Thinking-Ausbildung habe ich gelernt, zu fragen: Wie kann ich mit den vorhandenen Ressourcen und den jeweiligen Rahmenbedingungen das Beste rausholen? Insbesondere bei der Entwicklung von physischen Produkten überlege ich, wie wir effizient und langlebig produzieren können.
Nachhaltigkeit heißt für mich auch, in Modulen zu denken, die flexibel austauschbar sind, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern. Es geht also nicht darum, Dinge wegzuwerfen, sondern eine Art flexibles Baukastensystem zu kreieren. Dazu kommt dann auch, dass ich überlegen muss: Wie kann ich gleichzeitig umweltschonend produzieren? Ich kann mir vorstellen, dass insbesondere im Anlagenbau bzw. beim Bau einer Fabrik genau das möglich ist. Das sind oft riesige Anlagen mit sehr viel Energiemanagement etc. Ein solcher Aufbau dauert mindestens 1-3 Jahre. Bei einer so langen Zeitspanne ist es wichtig, genau zu planen und gleichzeitig flexibel zu bleiben: Wie können wir eine Fabrik oder eine Produktion so gestalten, dass sie adaptierbar ist, wenn sich die Gegebenheiten ändern? Wie bauen wir eine Produktionsanlage so effizient, dass wir das Beste rausholen, aber auch nachhaltig agieren und zum Beispiel die Energie, die dort produziert wird, auch für die Gemeinde genutzt werden kann? Wie und in welchem Umfang integrieren wir die Community? Es geht also darum, das ganze Ökosystem miteinzubeziehen und zirkulär zu denken.
Ich achte darauf, dass ich Bio und Fairtrade kaufe. Außerdem überlege ich mir genau, was ich kochen will und was ich dafür benötige, um nicht mehr als erforderlich einzupacken.
Eine wichtige Erfahrung war das Engagement als Foodsaver: Ich habe bei Lebensmittelhändlern und auf den Märkten das Gemüse eingesammelt, was nicht mehr verkauft wird. Das sind gute Produkte, die aber von den Supermärkten z. B. weggeschmissen werden müssen. Ein Foodsaver sammelt diese Nahrungsmittel ein und verteilt sie an andere oder nutzt sie selbst noch. Die Hürde, um in den Verein der Foodsaver aufgenommen zu werden, ist aber gar nicht ohne: Man muss zunächst einen Test rund um Hygienevorschriften machen, weil man die Verantwortung für das Essen hat und es ja auch an andere Menschen weitergibt. Besteht man diesen Test, wird man Mitglied im Verein und geht damit die Verpflichtung ein, das abgeholte Essen nicht wegzuschmeißen. Manchmal wird man sehr kreativ, denn man kann sich nicht aussuchen, zum Beispiel nur einen Teil des Essens mitzunehmen. Wenn an diesem Tag 20 Brote übrigbleiben, liegt die Verantwortlichkeit beim Foodsaver, dieses Essen zu verteilen oder zu verwerten. Ich habe dann oft Freunde und Nachbarn gefragt und als ich noch in einer WG gewohnt habe, waren meine Mitbewohner:innen ebenfalls Foodsaver. Das erleichtert die Weitergabe an andere.
Mir hat diese Aufgabe sehr viel Freude und Erfüllung bereitet, weil ich einerseits etwas für die Gemeinde und die Menschen um mich herum tun konnte. Andererseits unterstützen Foodsaver auch diejenigen, die sich nicht viel leisten können. Man darf den Aufwand aber auch nicht unterschätzen. In Konstanz habe ich zum Beispiel auch an Verteilerorte, sogenannte öffentliche Verteiler, ausgeliefert: Gemeinden und Kirchen haben ein Regal und Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Die Menschen, die die Nahrungsmittel benötigen, können sich diese an den Verteilerorten einfach abholen. Die Foodsaver sind dafür verantwortlich, dass alles sauber ist. Wer sich noch nicht ganz sicher ist, kann nach der Registrierung bei dem Verein auch erst mal auf Probe Foodsaver werden.
In unserer schnelllebigen Gesellschaft sind Unverpackt-Läden, die ja mehr und mehr in den Städten eröffnen, leider noch nicht zur Selbstverständlichkeit geworden. Klar, die Hürden sind auch erst mal größer: Ich muss meine Behältnisse und Gefäße mitnehmen und kann nicht mal eben schnell spontan unterwegs etwas mitnehmen. Aber das ist meiner Meinung nach alles eine Sache der Gewohnheit. Natürlich spielt auch der finanzielle Aspekt eine Rolle, denn die Unverpackt-Läden sind tendenziell etwas teurer als die Supermärkte. Persönlich finde ich diese Art, gänzlich ohne Plastik einzukaufen, klasse.
Insbesondere an die Städter:innen unter den Leser:innen möchte ich noch einen Appell richten: Brauchen wir in den Städten nach wie vor so viele Autos, wenn der ÖPNV, Carsharing und E-Scooter an jeder Ecke für unsere Fortbewegung sorgen können? Oft stehen Autos tagelang herum, um dann einmal in der Woche mal ausgefahren zu werden. Ich denke, da sollte sich jede:r Einzelne fragen: Will ich mehr für die Umwelt und auch die eigene Gesundheit tun?
Über 18 Mio. Tonnen Lebensmittel werden allein in Deutschland jährlich verschwendet, die Hälfte davon in Privathaushalten. Was können wir tun? Eine neue Form der Wertschätzung durch die Konsument:innen und die Politik ist erforderlich. Informieren Sie sich doch im ersten Schritt einmal über die unterschiedlichen Parteiprogramme und machen Sie die Bundestagswahl am 26. September zur Klimawahl!
Franziskas Link-Tipps zum Thema:
Zero Waste in Frankfurt: https://www.zerowastefrankfurt.de/karte/
Hier stöbere ich manchmal zum Thema Upcycling: https://www.handmadekultur.de/projekte