"Ja, aber ..."; oder woran ich erkenne, dass ich agil bin

Wie bei jeder Reise, die wir unternehmen, wollen wir auch in Veränderungsprozessen wissen, ob wir Fortschritte machen. Wenn wir wissen, wie weit wir schon gekommen sind, können wir eine Prognose darüber anstellen, wie viel mehr Energie wir einsetzen müssen, bis wir unser Ziel erreicht, unsere Vision erfüllt haben. Gehen wir daran, agile Arbeitsmethoden, wie zum Beispiel Scrum, zu implementieren, ist die Einhaltung des Rahmenwerks ein konkreter Indikator dafür, wie vollständig, wie gut ich schon agil „mache“:

  • Führe ich alle Meetings durch?
  • Pflege ich alle vorgesehenen Artefakte?
  • Gibt es einen Product Owner und einen ScrumMaster, die sich zu 100 Prozent auf das Produkt und das Entwicklungsteam konzentrieren können?
  • Ist das Entwicklungsteam multifunktional aufgestellt?
  • usw.

In der Praxis hat sich allerdings gezeigt, dass man nur vollständig agil „machen“ kann, wenn man auch agil ist, d.h. wenn das dahinterliegende Mindset, die Kultur im Unternehmen etabliert ist. Es gibt eine Wechselwirkung zwischen machen und sein. Nun lässt sich das agile Machen – wie oben beschrieben – recht einfach messen: Ich zähle einfach die Häkchen, die ich hinter die verschiedenen Elemente des Rahmenwerks machen kann. Falls ich nicht auf die volle Zahl Häkchen komme, lässt sich interessanterweise mutmaßen, dass es beim Mindset hapert. Anders ausgedrückt: Tatsächlich sind die Hard Facts ein Indikator dafür, ob es bei der Etablierung eines agilen Mindsets in eurem Unternehmen noch Verbesserungspotenzial gibt. Und wie beschrieben, lassen sich die Hard Facts recht leicht messen. Wer sich mit Objectives und Key Results auseinandergesetzt hat, weiß wahrscheinlich, dass Ergebnisziele und Fortschrittsziele zwei verschiedene Dinge sind. Auf unser Anliegen übertragen heißt das: Ich messe den Erfolg der Einführung agiler Methoden anhand der „Treue“ zum Scrum-Framework.

Ja, aber wie messe ich nun die Soft Facts?

Nur wie lässt sich messen, wie weit meine Bemühungen zur Etablierung des Mindsets gediehen sind? Wie messe ich meine Fortschritte auf dem Weg zum Ziel? Wie messe ich Kultur? Für den Start reicht es einmal genau zuzuhören. Zählt einmal, wie oft ihr „Ja, aber ...“ in eurem Team und Unternehmen hört – und wie oft ihr selbst „Ja, aber ...“ sagt. „Ja, aber“ heißt in Klardeutsch „Nein“. Alles, was hinter dem Aber kommt, negiert die erste Satzhälfte. lehnt damit die Position des anderen ab. Erst wenn ein Team in der Lage ist, verschiedene Standpunkte nebeneinander in der Schwebe zu halten, können dem Spannungsfeld der verschiedenen Sichtweisen neue und kreative Lösungen entspringen. Dann hat das Team dialogische Kompetenz entwickelt – eine wichtige Kulturtechnik für ein agiles Unternehmen. Im praktizierten Pluralismus liegt die Chance zur Schaffung eines neues Ganzen, das größer ist als die Summe seiner Teile.

Was könnt ihr für die Entwicklung dieser Kompetenzen tun? Was sind eure Fortschrittsziele?

In multifunktionalen Teams treffen häufiger Menschen mit unterschiedlichen Persönlichkeitstypen aufeinander als in Silo-Teams, deren Teammitglieder meist denselben Beruf gewählt haben. Analysen von Persönlichkeitstypen, wie beispielsweise disc oder der Myers-Briggs-Typenindikator helfen den Teammitgliedern zu verstehen, wie ihre Kollegen ticken. Das erhöht auch die Bereitschaft, Andersartigkeit zu tolerieren und den genannten Pluralismus zunehmend wertzuschätzen. Der ScrumMaster spielt in der Förderung dieser Entwicklung eine wichtige Rolle. Er erklärt den Teammitgliedern die Bedeutung von „ja, aber ...“ und spiegelt ihnen, wie sich Kommunikation gestaltet, wenn es verwendet wird oder wenn es ausbleibt.

Agile Toolbox
Change
Agiles Lernen
Team
Katja Keller
May 3, 2018

Table of content

Diesen Beitrag teilen

Das könnte auch interessant sein:

Die Bildungskrise und warum einfache Antworten nicht reichen – auch Scrum4Schools ist da nur ein Tropfen auf den heißen Stein
BG

Die Bildungskrise und warum einfache Antworten nicht reichen – auch Scrum4Schools ist da nur ein Tropfen auf den heißen Stein

Ist KI der neue Kollege von Scrum Master, Agile Coach und Co?
BG

Ist KI der neue Kollege von Scrum Master, Agile Coach und Co?

Scrum Beyond IT: Agile Methoden in HR, Marketing und Produktion
BG

Scrum Beyond IT: Agile Methoden in HR, Marketing und Produktion

Design Thinking - Wirkung auf Organisationen und Menschen neu gedacht
BG

Design Thinking - Wirkung auf Organisationen und Menschen neu gedacht

DeepWork für Autoren – Wie du dein Buch effizient schreibst
BG

DeepWork für Autoren – Wie du dein Buch effizient schreibst

Scrum ist tot, es lebe Scrum!
BG

Scrum ist tot, es lebe Scrum!

Agile Leadership ist nicht gleich agile Leadership
BG

Agile Leadership ist nicht gleich agile Leadership

Seth Godin über Strategie als Denkweise
BG

Seth Godin über Strategie als Denkweise

Die Essenz einer Erfolgreichen Geschäftsstrategie – Einsichten von Seth Godin 
BG

Die Essenz einer Erfolgreichen Geschäftsstrategie – Einsichten von Seth Godin 

Agiles Management – Warum es zur wichtigsten Errungenschaft der Moderne wurde
BG

Agiles Management – Warum es zur wichtigsten Errungenschaft der Moderne wurde

Scrum Beyond IT: Agile Methoden in HR, Marketing und Produktion
BG

Scrum Beyond IT: Agile Methoden in HR, Marketing und Produktion

Scrum Master und Agile Coaches – Ersetzt KI unsere Rolle oder eröffnet sie neue Chancen?
BG

Scrum Master und Agile Coaches – Ersetzt KI unsere Rolle oder eröffnet sie neue Chancen?