Mike Cohn hat kürzlich den Unterschied zwischen inkrementeller und iterativer Entwicklung deutlich gemacht und dabei eine Dating-Webseite als Beispiel genommen (hier geht es zu seinem Beitrag). Wie aber sieht es in der Entwicklung von Hardware-Produkten aus, die aus Software, Mechanik und Elektronik bestehen?
Wer alleine dem ersten Weg folgt, mag zum Schluss ein robustes Gehäuse, geschickt positionierte Anschlüsse, gut lesbare Signalanzeigen, usw. in der Hand halten. Die Summe gelungener Einzelteile ergibt aber noch kein gelungenes Produkt. Das eine muss mit dem anderen so harmonieren, dass der Nutzer eine Gestalt dahinter erkennen kann. Der neue Samsung Gear Fit ist ein gutes negatives Beispiel. Im Review werden ihm ein fantastisches Aussehen, tolle und weitreichende Funktionalitäten, und insgesamt ein gutes Design attestiert. Trotzdem scheitert das Produkt, weil es weder als Smartwatch noch als Fitness-Tracker daher kommt, sondern dazwischen fällt (hier der Link zum Review durch CNET).Wer dagegen dem zweiten Weg folgt, kann wenig falsch machen. Er wird nämlich von Anfang an das Gesamprodukt in der Hand halten. Natürlich: In den ersten Iterationen wird das Produkt sehr rudimentär aussehen und kaum Funktionalitäten beinhalten. Aber alle kritischen Fragen entspringen aus dieser ersten Gestalt: Größe und Form des Gehäuses, Positionierung der Anschlüsse und Anzeigen, Art und Nutzung der Sensoren, Aufbau und Struktur der Bedienoberfläche. Diese Fragen lassen sich gar nicht anders beantworten als durch entsprechende Inkremente oder Produktlieferungen (für mich sind beide Begriffe synonym).Mike Cohn ist in seinem Beitrag etwas blass, wenn er schreibt, dass Inkremente und Iterationen irgendwie zusammengehören. Für mich ist die Stoßrichtung entscheidend. Ein inkrementeller Ansatz läuft Gefahr, gesichtslose Produkte zu liefern, die aus lokal optimierten, aber dissonanten Teilen bestehen. Ein iterativer Ansatz bannt diese Gefahr von Beginn an, indem er das Produkt in seiner Gesamtheit und all seiner Imperfektion zur Schau stellt. Es sind dann genau diese Imperfektionen, welche die Inkremente motivieren und letztendlich validieren.