Sie sitzen in Ihrem Abteilungsleiter- vielleicht auch Gruppenleiterbüro. Ein vergleichsweise ruhiger Ort, natürlich eine offene Tür für alle Mitarbeiter, jetzt mal grad zufällig zu, damit Sie sich auf das nächste Gespräch vorbereiten können. Vor Ihnen ein Schreibtisch – Notebook, Unterlagen, Persönliches. Am Besprechungstisch wird gleich Ihr neuer Mitarbeiter – ScrumMaster in einem Ihrer Teams – Platz nehmen. Das Antrittsgespräch. Was werden Sie mit ihm besprechen?“Lieber ScrumMaster, bringen Sie das Team auf Vordermann. 100% Auslastung. Voller Scope. In Time, Budget & Quality. Dazu noch – weil´s ja agil ist, bitte auch gute Laune und Begeisterung im Team (auch für die kurzfristigen Anfragen).”Natürlich nicht. Sie haben, der Zukunft stürmisch zugewandt, das Thema Agilität und Scrum intensiv studiert. Also – Alles PULL, Selbstorganisation, ask the team – dann wird's schon klappen. Geschwindigkeit, Qualität und Innovation sind im Anmarsch.Sie als Führungskraft gehen dann am besten mal aus dem Weg und im Unternehmen spazieren. Dann fällt nicht auf, dass Sie eigentlich entbehrlich sind. Was im Übrigen eh schon immer alle (unter Ihnen) wussten, Ihre Neider und Konkurrenten vermuteten. Tauchen Sie einfach am Sprintende zum Review wieder auf und ermutigen Sie Ihr Team, den ScrumMaster und Product Owner. Lächeln Sie milde und freuen Sie sich einfach am Erfolg.
Oder fragen Sie sich mal ernsthaft, was Sie hier eigentlich als Führungskraft wollen? Wer sind Sie für Ihre Teams, für Ihre ScrumMaster, für diesen agilen Kosmos? Was ist Ihr wirklicher Beitrag? Hinterfragen Sie Ihre Wirkungsketten kritisch. Worüber kommunizieren Sie mit wem und wie? Und welche messbaren, oder zumindest beobachtbaren Auswirkungen bzw. Beeinflussungen sind festzustellen. Nur Sie für sich selbst. Jenseits des offiziellen Reportings (das sowieso jeder mit ein bisschen Erfahrung ausreichend bedienen kann). Schauen Sie sich selbst als Beobachter zu. Und fragen Sie sich kritisch: wofür braucht es Dich hier wirklich?Ja, es braucht keine “Vorarbeiter”. Arbeit zu zerteilen, Aufgabenstellungen zu formulieren und den Mitarbeitern Stück für Stück zuzuweisen, zu überwachen und zu kontrollieren. Das, was uns vielmehr not tut, sind Führungskräfte – Menschen, die Führung geben und Kraft schenken.Zwei große, abstrakte Anliegen, die sich in kleinen, konkreten – vor allem aber kontinuierlichen Handlungen umsetzen. Was ist also Ihr kontinuierliches, kleines, konkretes Handeln für Ihre Teams & mit Ihren ScrumMastern, das wirklich Wirkung zeigt?Mit der Antwort auf diese Frage können Sie getrost in das Meeting mit dem ScrumMaster gehen. Denn Sie verfügen über eine Strategie, zu der Sie einladen können. Sie werden mit Ihm über den Rahmen sprechen können, den Sie als Führungskraft und Manager bauen und in der Zusammenarbeit mit dem ScrumMaster erhalten bzw. adaptieren können. Selbstorganisation braucht Führung. Ich würde behaupten: so gut die Führung, so gut die Selbstorganisation des Teams. Eine große Aufgabenstellung.PS: Im Chaos Report 2012 steht an 1. Stelle für erfolgreiche Projekte übrigens der Faktor "Führung/Management - CLevel". Noch weit vor allen anderen Einflussfaktoren.