„Know-Your-Customer“ oder kurz KYC haben Sie vielleicht schon gehört. Vielleicht haben Sie auch schon den Begriff „Due Diligence“ gehört. Aber was hat es damit auf sich?
Eine der größten Herausforderungen für Unternehmen bei der Umsetzung neuer gesetzlicher Vorgaben ist eine fehlende übergreifende Zusammenarbeit. Aus meiner Praxiserfahrung heraus, zeige ich in diesem Beitrag, dass KYC und Agilität zusammenpassen. Ja, dass sogar die übergreifende Zusammenarbeit verbessert und die Kundenorientierung erhöht werden kann, wenn beide kombiniert werden.
Was ist nun also KYC?
KYC ist ein Teil der Due Diligence, also der sorgfältigen Prüfung von Geschäftspartnern. KYC dient der Identifikation von Neu- und Bestandskunden sowie weiterer Geschäftspartner und somit der Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität wie Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
Rechtlich leitet sich KYC u.a. aus dem Geldwäschegesetz (GwG) sowie aus den EU-Geldwäscherichtlinien ab. Von den Prüfpflichten ist vor allem der Finanzsektor, aber auch andere Branchen betroffen. Dies spiegelt sich wieder in der Regulatorik – also der „Bankenregulierung“.
Der KYC-Prozess ist häufig aufwendig, komplex und getrieben durch Kundendaten. Viele Informationen müssen eingeholt, analysiert und revisionssicher dokumentiert werden. Das führt dazu, dass viele Abteilungen und Funktionen zusammenarbeiten müssen und voneinander abhängig sind.
Zu den erforderlichen Informationen gehören beispielsweise die handelnden und vertretenden Personen und die Eigentums- und Beteiligungsstruktur des Unternehmens (im Falle von Geschäftskunden).
Relevanz von KYC
Gerade der Finanzsektor muss beide Augen auf die Geldwäscheprävention richten. Die Vergangenheit zeigt, dass bei Missachtung der rechtlichen Anforderungen Unternehmen mit umfangreichen Geldstrafen rechnen müssen. Umso mehr ist der Bereich jetzt im Fokus, sodass der Regulator regelmäßig neue Anforderungen stellt und das GwG novelliert oder neue EU-Geldwäsche-Richtlinien verabschiedet und in Kraft setzt.
Mit Blick auf die ESG-Kriterien ist nach der bereits erfolgten Etablierung der EU-Taxonomie mit weiteren Änderungen, vor allem in der Bankenbranche, zu rechnen. ESG entwickelt sich fortlaufend von einem Compliance- und Regulatorik-Thema zu einem Hebel der Veränderung von Geschäftsmodellen. Durch diese anstehenden und häufigen Änderungen stehen die Unternehmen vor der Herausforderung der kontinuierlichen Adaptierung ihrer Anweisungsrichtlinien und Prozesse.
Übergreifende Zusammenarbeit als Teil der Lösung
Eine der größten Herausforderungen für Unternehmen bei der Umsetzung neuer gesetzlicher Vorgaben ist eine funktionierende übergreifende Zusammenarbeit. Während unterstützende Einheiten wie Compliance die Prozesse vorgeben, sind diese von operativen Einheiten wie dem Vertrieb umzusetzen. In großen Unternehmen entsteht hier häufig eine Kluft zwischen prozessdefinierenden und prozessausführenden Einheiten. Diese Kluft hat zur Folge, dass neue Prozesse, die in der Theorie noch gut umsetzbar klingen, in der Praxis oftmals nur sehr schwer lebbar sind.
Gerade Spezialfälle, die nicht durch die Prozesse abgebildet werden können oder durch den Gesetzgeber unzureichend erläutert sind, sorgen für langwierige und nicht zielführende Mailkommunikationen. Nicht selten sorgt dies im Ergebnis für Frustration auf allen Seiten und für aufwendige Prozesse zur Erfüllung der rechtlichen Anforderungen.
Wie kann Agilität hier helfen?
Alle Abteilungen, die im KYC und Due Diligence – Prozess vertreten sind, sind auf schnelle und flexible Anpassungen angewiesen, um auf regulatorische Änderungen reagieren zu können. Um dies zu ermöglichen, sollten Analysten; verantwortliche Personen und KYC Spezialisten, die auf die Einhaltung der regulatorischen Richtlinien achten, eng zusammenarbeiten – und genau hier kommt Agilität ins Spiel.
Das Etablieren von crossfunktionalen Teams ermöglicht es, produktiv und operativ zielgerichtet die regulatorischen Anforderungen umzusetzen. Vorteile sind:
Bereits bei der Umsetzung von Anforderungen des Gesetzgebers in den Anweisungsrichtlinien von Unternehmen oder bei der operativen Arbeit mit dem Kunden führt die crossfunktionale Zusammenarbeit zu einer höheren Kundenorientierung.
Denn so können Prozesse kundenorientierter gestaltet und Entscheidungen schneller getroffen werden. Das führt wiederum dazu, dass der Prozess schneller abgeschlossen werden kann. Bisher habe ich erlebt, dass die Kundenorientierung häufig nicht so sehr im Fokus steht. Es entsteht dadurch aber oft ein Mehraufwand für den Kunden, der nicht nur lästig, sondern vermeidbar ist.
Praxis und Theorie gehören zusammen!
Wenn in dieser Phase jedoch die Kundenorientierung mit im Blick bleibt, kann viel Frust vermieden werden. In meiner Arbeit als KYC-Analyst habe ich im Austausch mit der Rechtsabteilung oder der Compliance öfter den Satz gehört: „Das bedeutet diese Änderung also für euch in der Praxis.“ Der Austausch führte zu regelrechten Aha-Momenten.
Das ist schön, kann aber besser kanalisiert werden. Regulatorik kann produktiver und besser zusammenarbeiten. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so erscheint: Regulatorik und Agilität passen sehr gut zusammen und sollten von Anfang an gemeinsam gedacht werden.
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