Die agile Toolbox fürs Klassenzimmer zu Hause

Von einer Freundin habe ich gehört, dass ihr Sohn jeden Tag in nur dreißig Minuten mit seinen Aufgaben für die Schule fertig ist, die er auf Arbeitsblättern nach Hause bekommen hat. Andere tun sich damit sehr schwer, wie ich heute Morgen im Radio aus einem Interview mit einer Lehrerin erfahren habe. Sie hofft, dass die Schule für einige besondere Fälle wieder öffnet, etwa für Kinder, die erst seit einem Monat in Deutschland sind und die Sprache noch nicht beherrschen. Denen helfen die Arbeitsblätter auf Deutsch nicht, das klingt für mich logisch.Aber was ist mit den Kindern, die sehr wohl alleine lernen könnten, aber lieber zuhause auf der Couch sitzen und nicht genau wissen, was sie tun sollen? Für die habe ich drei Tipps aus der agilen Toolbox.

Lernteams gründen

Setzen Sie auf ein Schüler-Lernteam. Bringen Sie die Klasse in Kleingruppen zusammen. Das kann ich als Lehrer oder als Elternteil tun. Ich wette, Ihr Kind nutzt bereits Whatsapp. Also machen Sie ein Whatsapp-Lern-Team auf. Wenn Ihre Kinder ein Tablett oder einen Rechner zu Verfügung haben, besorgen Sie ihnen einen Slack-Account. Der kostet nichts und Ihr Kind kann mit seinen Freunden einen Kommunikationskanal starten, der ständig verfügbar ist.

Digitales oder analoges Aufgabenboard anlegen

Das wichtigste Tool für das Schul-Lernteam ist das Aufgabenboard. Es verschafft den Kindern, Eltern und Lehrern einen Überblick über das, was zu tun ist. Bauen Sie gemeinsam mit Ihrem Schüler-Team virtuell, zum Beispiel in Slack oder Trello, dieses Aufgabenboard auf. Wenn Sie wollen, dass Ihr Kind alleine arbeitet, reicht es, wenn Sie das Board mit Post-its an eine Schrankwand hängen. Jede Schranktür ist dann eine Spalte, so wie in Ihrem Trello-Board. Die Spalten bezeichnen Sie mit “Noch zu erledigen”, “In Arbeit” und “Fertig”. So könnte das analoge Board aussehen:

Selbstorganisation von Kindern

Wie Sie mit dem analogen Aufgabenboard arbeiten können, hat Carsten hier schon wunderbar erklärt.Im virtuellen Board hängen ebenfalls „Post-its“ in den jeweiligen Spalten. Legen Sie einfach in Slack, Trello oder in einem anderen Online-Tool ein Taskboard an. Beide Applikationen sind in diesem Rahmen kostenfrei und es gibt sie auch als iPhone- oder Android-App. Mit dem Tool können die Kinder in den Lernteams gemeinsam an den Aufgaben arbeiten oder sich darüber austauschen.

Routinen einführen

Führen Sie Routinen ein, vor allem eine, die jede Kindergartengruppe kennt: das Zusammensitzen im Kreis. Setzen Sie sich jeden Tag, vielleicht nach dem Frühstück – und nachdem die Spülmaschine eingeräumt ist – pünktlich um 9 oder 10 Uhr mit Ihren Kindern im Kreis zusammen. Besprechen Sie nacheinander – lassen Sie einander unbedingt ausreden – was gestern gut gelungen ist, worauf sich jeder freut und was er heute zu tun hat. Jeder sagt dazu, ob er Unterstützung braucht. Wir nennen dieses Meeting ein Daily. Zum Daily für Schulen gibt es auch einen aufschlussreichen Beitrag von Carsten.Dann lassen Sie einander den Rest des Tages in Ruhe, fragen Sie nicht nach, sondern akzeptieren und respektieren Sie, dass jeder sein eigenes Tempo hat und vielleicht erst in den neuen Modus hineinwachsen muss.Am Ende einer Woche können Sie dann mit Ihren Kindern ein kurzes Review abhalten. Lassen Sie sich in Form einer “Show” präsentieren, was Ihr Kind Ihnen zeigen möchte. Auch Sie als Eltern zeigen, was Sie die Woche über geschafft haben. So sehen alle im Haushalt, was jeder Einzelne gemacht hat und der gegenseitige Respekt wächst. Wenn Sie möchten, können Sie anschließend noch eine Retrospektive durchführen. Sie erzählen wieder im Kreis – wieder hören alle zu und lassen jeden ausreden – was aus der jeweiligen Sicht nützlich wäre, um die nächste Woche besser miteinander klarzukommen oder was jeder braucht, um besser arbeiten und lernen zu können.

Wo bleibt die Work-Life-Balance?

Zum Abschluss möchte ich noch für etwas plädieren: Wir reden alle vom Homeschooling einerseits und vom Home-Office andererseits. Wieder trennen wir Familie und Beruf. Doch in diesen Zeiten sind wir mehr als eine Familie: Kinder und Eltern sind eine Produktions-Gemeinschaft, die tatsächlich als kleiner Betrieb funktionieren muss. Jeder hat etwas zu leisten und wir müssen uns gegenseitig dabei unterstützen, dass jeder leisten kann. Dazu gehört, dass wir die menschlichen Bedürfnisse jedes Einzelnen respektieren und ihnen nachkommen. Nur dann können wir gemeinsam liefern und geistig gesund wieder aus diesen Zeiten herauskommen.Foto: Pexels License, Pixabay

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Scrum4Schools
Boris Gloger
April 6, 2020

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