Der Blick hinter die Fassade: die Retrospektive

Das tägliche Lernen und Reflektieren gehört zum Wissensarbeiter wie das tägliche Schleifen der Werkzeuge zum Waldarbeiter. In den immer wiederkehrenden Lernschleifen kann altes Wissen vertieft, neues Wissen integriert, beides miteinander verknüpft und hinterfragt werden. Sich bewusst die Zeit zu nehmen, um zu reflektieren und das Reflektierte zu dokumentieren, sollte ein fixer Bestandteil des Arbeitsalltags sein und zu einer Praxis werden, die selbstverständlich ist.

Reflexion im Team

Nach einem Sprint ist es üblich, einen Rückblick zu wagen und die Geschehnisse im Sprint noch einmal Revue passieren zu lassen. Hier ist es z. B. möglich, mit Fragen zu arbeiten:

  1. Welche signifikanten Ereignisse sind im jeweiligen Zeitraum passiert?
  2. Wie ist das Stimmungsbild?
  3. Was ist uns gelungen?
  4. Was können wir verbessern?

In diesem Scrum-Workshop geht es vor allem darum, Beziehungspflege im Team zu betreiben. Dadurch soll einerseits ein Gemeinschaftsgefühl entstehen und andererseits ein Raum geöffnet werden, um Dinge anzusprechen, die gut oder eben nicht so gut gelaufen sind – und das möglichst wertfrei. Dieses Treffen muss auch keinen Output generieren. In der Praxis erlebe ich häufig, dass ScrumMaster den Fokus auf das Ableiten von „Maßnahmen“ aus dem Gesagten legen, damit man im nächsten Sprint gewisse Regeln oder Verhaltensweisen befolgen kann. Und das ist großartig, wenn das Gesagte den nötigen Raum findet, um von allen gehört zu werden, und man daraus Verhaltensweisen definiert, die einem Orientierung geben. Doch das übergeordnete Ziel dieses Treffens ist es, die Zusammenarbeit im Team zu verbessern. Nicht mehr und nicht weniger. So stellt sich mir die Frage: Wie kann ich als ScrumMaster den Fokus auf die Zusammenarbeit legen?

Offene Retrospektiven gestalten

Für Teams, die sich kennen und miteinander frei über ihre Themen sprechen können, wäre es vielleicht angenehmer, wenn man das aus Büchern bekannte Retro-Format aufweicht. Hier kann man auch durchaus experimentieren. Was passiert eigentlich, wenn man mal den Meeting-Raum verlässt? Wenn man die gewohnte Retro mal ganz anders gestaltet? Vielleicht in einer zwangloseren Atmosphäre? Wie wäre es, den Druck rauszunehmen und die Retro als eine offene Stunde für das Team zu gestalten? Ohne Agenda. Ohne Fragen. Einfach mal darüber zu sprechen, was gerade ansteht und die Menschen im Team beschäftigt. Und die Teammitglieder entscheiden zu lassen, worüber sie sprechen oder wie sie diese offene Stunde gestalten wollen.

Darum ist ein offener Raum wichtig

Um einen offenen Raum ohne Rahmen zu gestalten, braucht es einen gewissen Reifegrad als Team. Doch genau in diesen Momenten passiert oft etwas ganz Wunderbares. Ohne Ablenkungen von Social Media oder anderen Verführungen. Genau in diesem Moment kann man Kontakt zu sich selbst herstellen und sich die Frage aller Fragen stellen: Wie fühle ich mich gerade? Natürlich kann sich in diesem offenen Raum auch Langeweile einstellen. Aber das ist der Punkt, an dem Kreativität aufkommt. Neue Denkwege können ergründet werden, Ideen entstehen.

Auf den Punkt gebracht

Meiner Erfahrung nach sollte man die Retro nicht unnötig verkomplizieren und stattdessen so einfach und klar wie möglich gestalten. Vielleicht hilft ja eine Frage, die den Ausblick in die Zukunft wagt: Was würde uns beim nächsten Sprint glücklicher machen? Im nächsten Meeting? Am nächsten Tag?

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Valentina Luspai
January 31, 2019

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