Ich bin Teil einer Expertengruppe in München, die sich mit Fragestellungen im Zusammenhang mit der agilen Entwicklung von physischen Produkten auseinandersetzt. Bei einem unserer letzten Treffen haben die Teilnehmer verschiedene Fragen aufgeschrieben, die sie beschäftigen. Eine Frage ist dabei immer wieder aufgetaucht: Wie sollen wir nach zwei Wochen - einer Iteration - etwas Herzeigbares entwickelt haben? Welche Tools sollen wir verwenden? Wie soll das eigentlich gehen?Skeptiker behaupten, dass Scrum in der Entwicklung von Hardware nicht funktionieren kann. Zweifler werfen ein, dass innerhalb von zwei Wochen keine sinnvollen Ergebnisse geliefert werden können. Sogar Universitäten beschäftigen sich mit dem Thema der Sprintlänge und kommen zu dem Ergebnis, dass zwei Wochen für die Hardware nicht praktikabel seien. Es wird also versucht "wissenschaftlich" nachzuweisen, dass kurze Sprints nicht möglich sind. Das ist doch absurd.
Ich behaupte, das ist ein Glaubenssatz. Es ist ein Paradigma, das gebrochen werden muss. Behauptet ein Ingenieur, dass etwas aus Prinzip nicht geht, ist es höchstwahrscheinlich nur eine Ausrede. Wahrscheinlich fehlen einfach die notwendigen Kenntnisse. Was ich nicht kenne, kann ich nicht verstehen. Die Hardware-Community wartet auf den Heilsbringer, das magische agile Tool, das alle Fragen beantwortet und mit dem alles auf einmal ganz einfach geht. Das Werkzeug, dass allen endlich hilft, nicht 12 Wochen auf Teile des Zulieferers zu warten, sondern nach einem Tag etwas am Tisch stehen zu haben. Doch dieses Warten verhindert den Fortschritt.Es gibt aus meiner Sicht keinen Grund mehr zu warten. Wir haben ja schon längst alles, was wir brauchen:
Es ist alles bereits da, und alles ist einfach nutzbar.Ich würde mir erwarten, dass die Werkstätten, MakerSpaces und FabLabs mit den entsprechenden Werkzeugen übergehen und vollgestopft sind mit Ingenieuren und Innovations- und Projektteams, die ihre neuesten Features selbst ausprobieren und umsetzen wollen. Stattdessen machen das nicht die Ingenieure, sondern Studenten und Hobbybastler, die man heute als Maker bezeichnet.Es wird Zeit, dass sich Projektteams dazu aufraffen, wieder selbst Ergebnisse zu produzieren - und nicht warten, bis der technische Zeichner eine 2D-Zeichnung für den Musterbau oder die "Rapid"-Prototyping-Werkstatt erstellt hat, die nach Freigabe durch den Einkauf drei bis neun Wochen in einer unendlich langen Schlange darauf wartet, produziert zu werden.Diese Handover sind nicht notwendig, diese Arbeitsteilung ist nicht notwendig. Vielleicht ist es effizienter - mit Sicherheit ist diese Art zu arbeiten aber viel langsamer. Heute zählt die Geschwindigkeit mehr, als 100-prozentige Qualität. Trotzdem höre ich viel zu oft: "Das haben wir schon immer so gemacht!" Als ob das jemals ein Argument für irgendwas war. Es kann so einfach sein. Mit einem offenen Geist ist alles möglich.Kommt raus aus euren Büros und schnappt euch Werkzeuge! Werdet aktiv und wartet nicht darauf, dass euch jemand erlöst! Wartet nicht auf die Erlaubnis! Tut es einfach! Die Erfolge werden euch belohnen.