Der Green Deal und die sich daraus abgeleitete Taxonomie sowie Sustainable Finance Disclosure Regulation beschäftigt im Moment sehr viele Banken. Zurecht – wir haben nicht mehr viel Zeit. Um das Pariser Klimaabkommen zu erfüllen, müssen alle handeln.
Der europäische Green Deal, nationale Umweltziele und die EU-Taxonomie üben gerade einen enormen Veränderungsdruck auf die Banken aus. Die sollen beginnen, die Finanzströme so zu steuern, dass sie aktiv auf das 1,5-Grad-Ziel einzahlen und zu nationalen Klima- und Umweltzielen beitragen. Oder zumindest keinen signifikanten Schaden verursachen. Die regulatorischen Faktoren stehen noch nicht vollständig fest. Das bedeutet, am Markt herrscht viel Unsicherheit. Stresstests durch die Finanzmarktaufsichten sind angekündigt, aber es gibt noch keinen klaren regulatorischen Rahmen. Wir erleben am Markt eine gewisse Abwartehaltung. Doch meine Kolleg:innen und ich arbeiten mit Banken, die sich bereits auf den Weg gemacht haben. Was wir von ihren Vertreter:innen gelernt haben, will ich gerne mit euch teilen.
Einfach mal anfangen: Anstatt auf die fertigen „Regeln“ zu warten, haben wir Banken erlebt, die die Transformation zu einer nachhaltigen Bank mutig gestartet haben. Und zwar mit einem klaren Commitment in der Führung. Ein guter Startpunkt ist dabei die Auswahl von klaren Nachhaltigkeitszielen. Davon lässt sich anschließend ein eigenes Framework als Definition für Sustainable oder Green Finance ableiten. Dieses Framework dient als Grundlage und Bewegungsfreiraum für das eigene Haus im Umgang mit Nachhaltigkeit.
Nicht „nur“ zur Chefsache machen: Laut einer Studie von Deloitte liegt die Verantwortung für die Umsetzung der Maßnahmen zum Großteil in Vorstands- und Strategie- sowie CSR-Abteilungen. Den Banken, die wir erleben, reicht das nicht. Das Thema geht alle in der Bank etwas an und Maßnahmen müssen ganzheitlich angestoßen und umgesetzt werden. Aber um diesen Stein ins Rollen zu bringen, dafür braucht es ein authentisches Commitment in der Führung.
Crossfunktionalität: Banken, die den Sustainable-Finance-Weg bereits starten, wissen: Die Antworten können nicht in einer Abteilung allein gesucht werden. Ein multidisziplinäres Team, das wendig und agil arbeitet, ist die beste Wahl, um gemeinsam an dieser Aufgabe zu tüfteln. Die stabile Basis für dieses Team bleibt ein für alle klares gemeinsames Ziel und ein für alle klarer Sinn. Damit können schnell und iterativ Ergebnisse geliefert werden.
Purpose zieht an: Nicht nur Kund:innen suchen vermehrt nach Banken, die einen Schritt weiter gehen. Auch Mitarbeiter:innen können sich mit dieser Vision identifizieren. Die Kundenberater:innen sehen Sinn in den neuen Zusatzaufwänden, die die Regulatorik vorgibt. Daher ist es auch kein Problem, einen Punkt für zusätzliche nachhaltigkeitsbezogene Nachweise auf der Checkliste für Abschlüsse einzuführen, wenn ein neues Produkt, z. B. eine Finanzierung, verkauft wird.
Von der Grass-Root-Bewegung zur gemeinsamen Strategie: Die meisten Banken haben bereits an vielen Stellen den Faden aufgenommen. Gerade Regulatory-Affairs-, Risk-Management, Corporate-Finance- und CSR-Abteilungen haben eigene Aktionen gesetzt. Jetzt gilt es, diese Bewegungen zusammenzuführen. Zwei schöne Möglichkeiten, diese Silos zu durchbrechen, die wir selbst mit Kunden ausprobiert haben, sind partizipative Strategieprozesse und abteilungsübergreifende Lernreisen.
Anpassungsfähigkeit behalten: Mit den neuen Richtlinien und Regularien wird sich noch einiges verändern. Worauf die Aufsicht dann den Fokus legen wird, ist heute noch nicht absehbar. (VUCA eben.) Aber je früher man sich dem eigenen Status quo stellt, desto einfacher ist es, auf Veränderungen zu reagieren.
Probieren geht über Studieren: „Unsere Kund:innen fragen nicht danach“, sagen die Banken. „Unsere Banken bieten nichts dazu an“, sagen die Kund:innen. Hier hilft die Haltung aus dem Design Thinking: den Problemraum der Kund:innen erforschen und in kleinen Hypothesen und Experimenten beginnen, Angebote zu machen.
Von intern zu extern: Vorbilder wie Vaude und Patagonia leben es vor und richten ihre Kommunikation völlig auf das Thema ESG aus. Diese Unternehmen leben ihre Werte transparent nach außen und fordern noch mutigere Schritte von der Politik. Wie können Banken wirken? Indem sie etwa Information in Kundensprache aufbereiten? Oder mit dem Teilen von Erfolgsstorys?
Iterative Entwicklung und ständige Lieferung: Der Trend „Agile“ hält an, denn iteratives und kontinuierliches Liefern und Reflektieren ist und bleibt der Schlüssel zur Wendigkeit. Wir erleben einige Banken, die die agile Arbeitsweise bereits sehr gut integriert und angenommen haben: Die Lieferung neuer Finanzprodukte nach jedem Sprint funktioniert oft schon gut. Jetzt gilt es hier die eigene Definition of Done zu überdenken. Welche Bedingungen müssen Finanzprodukte jetzt erfüllen? Welche Anforderungen wollen die Bank und das Team an die Produkte stellen?
Grenzen anerkennen: Im Neukundengeschäft ist es kein Problem, auf Nachhaltigkeit zu achten. Aber das bestehende Portfolio „aufzuräumen“ ist deutlich herausfordernder. Auch hier empfiehlt es sich, in Experimenten und Hypothesen zu denken. Die Art und Weise, wie Banken Risiken und Produktportfolios steuern – in diesem Fall nach intern festgelegten Nachhaltigkeitskriterien – ist ein großer Hebel.
Es gibt Angebote für Partnerschaften, die ausgelotet werden, zum Beispiel die Green Finance Alliance.
Was mir diese Beispiele zeigen, ist, dass ein unfertiges Regel- und Prüfwerk kein Grund ist, nicht einfach anzufangen. Die Expert:innen aus den Banken wissen, wo sie ansetzen müssen. Wenn nicht, dann kann das Wissen immer noch erlernt werden und von außen dazukommen. Das Thema ist groß, aber mit geeinten Kräften ist es handhabbar. Außerdem entstehen gerade aus Unsicherheit Kreativität, Motivation und Mut. Jetzt haben wir die Chance, Vorbilder zu werden.
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Diese Beispiele finde ich inspirierend:
BNP Paribas
Titelbild: Clay Banks, Unsplash