Es sind noch gute zehn Minuten bis zur nächsten Seminarstunde von Prof. Holger Günzels Kurs "Agile Management for Entrepreneurs". Rund die Hälfte der Studierenden sitzt bereits in verschiedenen Ecken des großzügigen Hörsaals, der wegen der flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten auch „Lehrraum der Zukunft“ genannt wird. Die Studierenden diskutieren angeregt und geben ihren Präsentationenden letzten Schliff für das gleich stattfindende Review der letzten Studienarbeitsiteration. Die Gruppe arbeitet in diesem Semester mit Scrum4Schools.
Mittlerweile befinden wir uns in der dritten Woche des wöchentlich stattfindenden Seminars. In der letzten Woche hat der erste Sprintwechsel, bestehend aus Review, Retrospektive und anschließendem Planning stattgefunden. Diesmal wirkt alles schon etwas eingespielter und die Präsentationen der inhaltlichen Konzepte der einzelnen Studierendenteams nehmen Gestalt an. Jedes Team hat im Review 10 Minuten Zeit, um seine aktuellen Ergebnisse zu präsentieren und Feedback einzuholen.Die meisten Teams zeigen zum Start der Präsentation ihr Taskboard. Auf dem Taskboard ist auf einen Blick transparent, an welchen User Stories (=Teillieferungen des fertigen Produkts) das Team in der vergangenen Woche gearbeitet hat und welcher Studierende welchen Task (= Aufgabe) dabei übernommen hat. Um auch zwischen den Seminarstunden den Arbeitsfortschritt zu sehen, nutzen die meisten Gruppen ein digitales Board. Dazu bietet sich beispielsweise das frei verfügbare Programm Trello an.
Die Studierenden aus den anderen Teams füllen während jeder Kurzpräsentation der verschiedenen Gruppen den im ersten Termin gemeinsam erstellten Feedbackbogen aus. Auch Prof. Günzel gibt nach jeder Kurzpräsentation eine Rückmeldung, worauf die jeweilige Gruppe sich noch stärker fokussieren kann – allerdings haben die meisten Teams die Aufgabenstellung richtig verstanden und arbeiten in die richtige Richtung. Bei manchen Teams gibt es mehr Feedback von Mitstudierenden und von Prof. Günzel. Sie sind bei der Bearbeitung der Aufgabenstellung nicht konkret genug geworden und müssen ihr Konzept nochmals überarbeiten. Prof. Günzel ist begeistert von dem Ansatz: „Normalerweise kommen die Studierenden – wenn überhaupt – wenige Tage vor der Abgabe zu mir, um sich Feedback für ihre Arbeiten einzuholen. Dann ist es meistens schon viel zu spät. Über die Arbeit mit Scrum gibt es kontinuierliches Feedback. Und das nicht nur von mir, sondern auch von anderen Studierenden.“
Das Review und die anschließende Diskussion nach jedem Team haben länger gedauert als geplant. Wertvolle Zeit ging auch durch das Umstecken der Laptops zwischen den einzelnen Präsentationen verloren. Die Seminarstunde ist inzwischen fast zu Ende und Prof. Günzel bittet die Teams, die letzten fünf Minuten für eine kurze Retrospektive zu nutzen. Die Teams analysieren in der Retrospektive, wie sie ihre Zusammenarbeit in der kommenden Woche verbessern können. Er selbst reflektiert, was im Review passiert ist. Die Präsentationen, die die einzelnen Teams gezeigt haben, erinnerten ihn eher an klassische Seminarvorträge. Es gab viele PowerPoint-Folien und zum Teil waren die Folien auch noch nicht ganz fertig. Prof Günzel erinnert sich an das Ziel des Reviews: Das Einholen von Feedback zu abgeschlossenen Teilergebnissen.Er hat eine Idee, wie er in der kommenden Woche das Review besser gestalten kann, und gibt seinen Studierenden drei Punkte mit:
Prof. Günzel erhofft sich dadurch einen reibungsloseren Ablauf des Reviews. Es geht ihm aber vielmehr darum, dass ein kommunikativerer Austausch in der Gruppe entsteht und die Studierenden sich gegenseitig mehr Feedback geben. Er ist gespannt, ob es funktionieren wird.Die Erlebnisse von Prof. Günzel in seiner Reviewstunde zeigen, dass es kein Patentrezept dafür gibt, wie man Scrum4Schools am besten einführen sollte. Das Rahmenwerk muss immer auf den jeweiligen Kontext wie beispielsweise die Lernaufgabe und die zur Verfügung stehende Zeit angepasst werden. Dabei ist jeder gefragt. Und es braucht immer eine gewisse Zeit, bis eine Gruppe den optimalen Modus für sich gefunden hat. Grundvoraussetzung dafür ist die Bereitschaft, neue Dinge auszuprobieren und den eigenen Prozess kontinuierlich zu verbessern.