Ich bekomme häufig die folgende Frage gestellt: „Kann eine Führungskraft bei Konflikten zwischen Mitarbeitern tatsächlich moderieren? Konfliktmanagement sollte ja eine grundsätzliche Führungsaufgabe sein, oder?“ (siehe "Die Last der lateralen Führung bei Konflikten") Erst kürzlich stellte sich im Vorgespräch zu einem Teamentwicklungsauftrag schnell heraus, dass es hauptsächlich um einen Konflikt zwischen zwei Mitarbeitern des Bereichsleiters ging. Auf meinen Vorschlag, es doch erst einmal selbst mit einer Moderation zu versuchen, reagierte der Bereichsleiter regelrecht entrüstet. „Das kann und darf ich nicht, dazu bin ich doch nicht neutral genug!“ In seiner Position als Chef gehe das gar nicht, waren seine Argumente. Das ist erst einmal durchaus verständlich und nachvollziehbar.Grundsätzlich hilft es in dieser Situation, zunächst zwischen der Führungskraft als Betroffenem und als Beteiligtem zu unterscheiden. Als Beteiligter, also eine direkte Konfliktpartei, ist eine Moderation natürlich nicht möglich. Ist die Führungskraft hingegen Betroffener - und damit nicht Partei - sehe ich durchaus Möglichkeiten und gegebenenfalls sogar Notwendigkeiten. Um Ihnen Mut zu machen: Auch ein externer Konfliktmoderator wird systemisch gesehen immer zum Betroffenen. Sobald die Diagnose beginnt, taucht er in das Konfliktsystem ein, bildet seine subjektiven Hypothesen, aber auch Werturteile über die Schuldfrage, entwickelt mehr oder weniger starke Sympathien für oder Antipathien gegen die Parteien, er spürt den Druck der Verantwortung, eine schwierige Situation erfolgreich bearbeiten zu müssen etc. Seine Kunst ist es, diese Phänomene genau zu registrieren, für sich zu reflektieren und eine Position zu gewinnen, die ihm ein allparteiliches Vorgehen ermöglicht. Je nach Eskalationsstufe eines Konflikts können sich dies meines Erachtens auch Führungskräfte zumuten, wenn sie betroffen, aber nicht beteiligt sind. Was ist überhaupt nötig, um Konflikte konstruktiv zu lösen?
A wie Allparteilichkeit Der Moderator unterstützt bei Bedarf alle Beteiligten ausgewogen, hört jedem genau zu und ergreift bei Bedarf für jede Seite situativ Partei. Allparteilichkeit bedeutet, allen Seiten gleichmäßig zugewandt zu sein und sich für alle in gleicher Weise einzusetzen. Allparteilichkeit geht damit weiter als der Begriff Neutralität.A wie AkzeptanzDer Moderator akzeptiert die Konfliktparteien in ihrer aktuellen Befindlichkeit und signalisiert Verständnis und Respekt. Sein Verhalten ist geprägt von Empathie und er betont das grundsätzliche Recht aller Beteiligten, ihre Interessen zu vertreten. Er signalisiert, dass er bereit ist, die unterschiedlichen Perspektiven zu reflektieren und zu verstehen, die positiven Absichten dahinter zu erkennen und für alle verständlich zu „übersetzen“.A wie AnerkennungDer Moderator erkennt das Recht auf hohe Subjektivität von Meinungen und Hypothesen an und gesteht jedem die je eigene Sicht auf die Realität zu. Er schützt das Recht auf Verteidigung und signalisiert eine grundsätzliche Vertrauenswürdigkeit der Parteien.A wie Affirmation Der Moderator signalisiert, dass individuelle Gefühle und Erfahrungen kein Tabu sind, dass er für Transparenz und Offenheit eintritt und dafür einen Schutzraum bietet. Er ermutigt zum Selbstausdruck und bestätigt dort, wo Menschen innere Grenzen überwinden. Der Moderator signalisiert, dass Fehler gemacht werden können, die Konfliktpartner daraus jedoch lernen und sich weiterentwickeln sollten.FazitGerade agile Führungskräfte sind meines Erachtens am ehesten prädestiniert, Konfliktmoderationen ins Auge zu fassen und in Angriff zu nehmen. Die eher zurückgenommene Grundhaltung und die Orientierung an den Selbstorganisationskräften der Parteien im Konfliktfall unterstützt eine moderierende Haltung. Klare Vorabsprachen, Disziplin, Empathie und Awareness müssen dabei gewährleistet sein.Tipp: Wie Sie Konflikte frühzeitig erkennen und angemessen damit umgehen, lernen Sie im Training "Konfliktlöser" mit Dieter Röser. Alle Informationen dazu finden Sie hier.