In vielen meiner letzten Projekte ging es immer wieder darum, ein auf das Unternehmen und den spezifischen Kontext angepasstes agiles Arbeitsmodell („Agile Way of Working“) zu entwickeln. Aus diesen praktischen Erfahrungen haben wir nun ein Metamodell entwickelt, das wie eine Checkliste für die Entwicklung eines – möglichst vollständigen – agilen Arbeitsmodells dienen kann.
Mit den beiden sich überlappenden Kreisen wollen wir darstellen, dass ein agiles Arbeitsmodell aus unserer Sicht immer zwei Dimensionen abdecken muss:
Wir haben das Venn-Diagramm als Darstellung gewählt, weil sich die meisten Organisationsmodelle und Skalierungsframeworks nur auf eine der beiden Dimensionen konzentrieren und die andere Dimension mehr oder weniger außer Acht lassen. Ein Beispiel: Das Spotify-Organisationsmodell ist in den letzten Jahren zu einer wahren Schablone für viele agile Organisationen avanciert. Das Modell bringt gute Ideen für den Schnitt der Organisation, für die Rollen und Führungswege mit, doch im Gegensatz dazu bietet das Modell nur wenige Ansätze für die Abläufe, zum Beispiel zu der Frage, wie sich mehrere Squads austauschen und synchronisieren sollen. Das ist nicht weiter schlimm – wir erheben nicht den Anspruch, dass ein einziges Framework oder Modell alles beinhalten muss. Wichtig ist aber, diese Tatsache im Blick zu behalten und gegebenenfalls mehrere Modelle zu kombinieren.
Das ist der zentrale Grund, warum wir unser Metamodell aus der Praxis abgeleitet haben: Wir erleben in vielen Unternehmen Entscheidungsverantwortliche, die genau eines dieser Modelle für die eigene Organisation adaptieren (oder vielmehr „kopieren“) wollen und der Meinung sind, sie hätten damit die Antworten auf alle Fragen auf dem Tisch. Genau diesen Trugschluss wollen wir mit diesem Metamodell aufzeigen. Sprich: Wenn Ihr Unternehmen sein agiles Arbeitsmodell am Spotify-Modell orientiert, sollten Sie sich unbedingt intensive Gedanken über die Prozessseite machen und Elemente von Frameworks nutzen, die sich auf diese Seite der Medaille spezialisieren.
Umgekehrt erleben wir viele Unternehmen, die auf ein reines Prozess-Framework wie SAFe® setzen, das als virtuelle Organisation an die bestehende Organisationsstruktur angedockt wird. Das mag ein guter Start sein, aber wir glauben nicht an eine Transformation ohne dazugehörige Anpassung der Organisationsstruktur. Daher sollten in diesem Szenario möglichst früh auch Ideen des Struktur-Kreises diskutiert werden.
Innerhalb der Prozessdimension (rechter Kreis) hat sich für uns in der Praxis eine weitere Unterteilung gezeigt, für die wir uns die von Klaus Leopold geprägten Flight Levels zunutze machen. Wir denken, dass viele Praktiken der etablierten Skalierungs-Frameworks diesen drei Ebenen zugeordnet werden können.
Auch in diesem Punkt bietet das Metamodell die Chance, das eigene Arbeitsmodell auf Vollständigkeit zu überprüfen. Wir haben zahlreiche Unternehmen begleitet, denen schlichtweg eine Ebene gefehlt hat bzw. war diese nur minimal ausgeprägt und hatte deshalb keinen wirklichen Effekt. Das führt zu Konsequenzen wie großen Reibungsverlusten bei den Abstimmungen im Falle von Level 2 oder zu viel „work in progress“ im Falle von Level 3.
Betrachten Sie dieses Metamodell daher als Checkliste. Wenn Sie den Agile Way of Working in Ihrem Unternehmen hochspezifisch und angepasst an den jeweiligen Kontext bauen, sollten Sie sicherstellen, dass Sie alle vier Aspekte – die Strukturdimension und alle drei Ebenen der Prozessdimension – berücksichtigt haben. Hinterfragen Sie kritisch, ob sie wirklich jede Dimension bzw. jedes der drei Levels ausreichend bedacht haben, um ein optimales Arbeitsergebnis zu erreichen. Damit Sie gleich an die Arbeit gehen können, haben wir für Sie entlang der Dimensionen folgende Fragen zusammengestellt.
Die Dimension des Struktur- und Organisationsmodells:
Die Dimension des Prozess- und Skalierungsframeworks:
Wie immer gilt: Besser ist es, auszuprobieren und entlang des Feedbacks zu lernen, als alles am Reißbrett zu entwerfen und gleich beim ersten Versuch perfekt machen zu wollen.
Wir haben für diesen Zweck unseren eigenen Skalierungsansatz „myScaled Agile“ ausgearbeitet, der der Philosophie folgt, aus den vielen vorhandenen Möglichkeiten ein wirklich zugeschnittenes agiles Arbeitsmodell zu entwickeln. Dazu gibt es jede Menge weiteres Material und Trainings. Stay tuned!