Wir alle kennen die Situation: Man möchte eine Herdplatte anmachen, steht jedoch vor vier Knöpfen. Welcher passt zu welcher Herdplatte? Auch nach mehreren Jahren Gebrauch kann es passieren, dass die falsche Platte angeschaltet wird. Hier bleibt das ohne ernsthafte Konsequenzen - man sieht, dass die falsche Herdplatte aufleuchtet und bemerkt den Bedienungsfehler. Was aber, wenn es es nicht um die Herdplatte, sondern um eine Herzpumpe geht?Ein Fallbeispiel: Eine Krankenschwester wollte das Alarmsignal einer Insulinpumpe kurzfristig abschalten, schaltete es stattdessen aber komplett aus. Die nachfolgende Untersuchung zeigte: Der Unterschied zwischen den beiden Schaltern - einmalige versus dauerhafte Abschaltung - war für den Benutzer nicht erkennbar. Und: Der Hinweis, dass der Alarm ausgeschaltet ist, war in einer Ecke des Bildschirms als kleines Symbol versteckt und in der Informationsflut für den Benutzer schlicht untergegangen.Die Food and Drug Administration (FDA) erhält im Jahr circa hunderttausend Incident Reports über medizintechnische Geräte. Über ein Drittel davon sind auf Benutzerfehler (user errors) zurückzuführen (Quelle: Invetech)Wie die IEC 62366 einen Entwicklungsprozess für Gebrauchstauglichkeit beschreibtEs ist leicht, in solchen Fällen die Schuld beim Benutzer zu suchen. Und, sicherlich: Mit einer adäquaten Schulung, einer ausführlichen Einarbeitung und einer weniger hektischen Arbeitsatmosphäre ließen sich viele Fehler im Gebrauch vermeiden. Das aber ist Verantwortung von Krankenhäusern, Praxen und Laboren. Für den Hersteller gilt: Baue ein Produkt, das Benutzerfehler so gut es geht ausschließt.Die Norm IEC 62366 befasst sich mit der Gebrauchstauglichkeit von medizinischen Produkten. Sie beschreibt einen Entwicklungsprozess, der die Gebrauchstauglichkeit von der Erhebung der Anforderungen bis zum Testen im Blick hat. Dazu gehören folgende Schritte:
Scrum bietet mit seinem Fokus auf den User verschiedene Möglichkeiten, die Gebrauchstauglichkeit im Entwicklungsprozess zu berücksichtigen. Hier seien zwei zentrale Elemente vorgestellt:
Weitere Möglichkeiten der Validierung über das Review hinaus hat Roman Pichler hier beschrieben.Literatur:Christian Johner u.a. (2011): Basiswissen Medizinische Software. dpunkt.verlagJamie Hartford: Human Factors: Identifying the Root causes of Use Errors