Kürzlich durfte ich mit einem Team zusammenarbeiten, das Treiber entwickelt und ein großes Problem hatte: Es konnte seine Sprint-Commitments nie einhalten. Nach zwei Monaten war das Team so weit, dass es nicht mehr Scrum machen wollte. Das Framework passe einfach nicht zu ihnen, sagten sie.Ich setzte mich mit dem Team zusammen und wir begannen, den Prozess, so wie er aktuell ist, aufzuzeichnen. Üblicherweise können Commitments dann nicht eingehalten werden, wenn das Team im Laufe des Sprints viele ungeplante Aufgaben (Support, Change Requests) zu bewältigen hat. Das war aber hier nicht der Fall - der Anteil ungeplanter Aufgaben war mit jenem anderer Teams vergleichbar. Das eigentliche Problem war die Anzahl an Backlog Items, die gleichzeitig in Bearbeitung waren. Je mehr Treiber das Team parallel entwickelte, desto länger wurde die Fertigstellungszeit. Warum aber nahm das Team so viele Treiber gleichzeitig in Bearbeitung? Um der Sache auf den Grund zu gehen, setzten wir Artefakte auf, die den Arbeitsfluss verdeutlichen sollten:
Vor Veränderung kommt immer die Transparenz. Gerade als erfahrener agile Practitioner sollte man von schnellen Ratschlägen Abstand nehmen. Erst wenn tatsächlich verstanden wurde, wie das Team aktuell arbeitet, können Hebel für Veränderungen identifiziert werden. In diesem Fall wurde klar, dass das Team mit langen Wartezeiten konfrontiert war, da es für die Erstellung von Skripten sowie für die Verifikation und Validation auf Unterstützung von anderen Teams angewiesen war. Das Team füllte diese Wartezeiten, indem es in der Zwischenzeit mit etwas Neuem anfing. Wir kennen das Phänomen, wenn wir zu viele Downloads gleichzeitig starten - am Ende dauert alles viel länger. Deshalb konnte das Team keine Commitments einhalten. In der Außenwahrnehmung wurde das Teams als unzuverlässig gesehen - in Wirklichkeit machte es zu viel gleichzeitig.Um das Vertrauen in die Planbarkeit zurückzugewinnen, fing das Team mit wöchentlichen Forecasts an. Am Montag stellten sich alle vor das Taskboard und beschlossen gemeinsam, was sie bis Freitag erreicht haben wollten. Das Taskboard, wie es dann am Freitag aussehen sollte, wurde aufgezeichnet und zum Vergleich neben das aktuelle Taskboard gehängt. Das funktionierte gut.Product Owner und Management erhielten über den Release-Burndown und die Lead Time zwei ehrliche Indikatoren darüber, was tatsächlich geschafft werden kann. Somit hatten sie zum ersten Mal eine verlässliche Planungsgrundlage. Und der ScrumMaster konnte die Impediments beim Namen nennen, die der Produktivität im Wege standen. Mittelfristig wurden diese über eine engere Zusammenarbeit mit den anderen Teams (tägliches SoS) gelöst, so dass Abhängigkeiten sofort adressiert werden konnten und durch bessere Synchronisation Wartezeiten erst gar nicht entstehen. Langfristig geht es darum, dass das Team immer mehr selber in die Hand nehmen kann (etwa beim Testen) und so schneller wird.